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Autor: Jan Bukowski (Rechtsassessor)
 - 29.12.2016 -                               

Seit Ende September 2016 macht der Referentenentwurf der Bundesregierung zum Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetz seinen Umlauf. Damit werden einige Gesetze umgekrempelt, wie das WpHG (Wertpapierhandelsgesetz), das BAG (Börsenaufsichtsgesetz) und das KWG (Kreditwirtschaftsgesetz). Die Änderungen treten – so der Plan – zum 3. Januar 2018 in Kraft. Sehr überraschend sind die meisten Änderungen jedoch nicht, da der deutsche Gesetzgeber lediglich die EU-Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (RL 2014/65/EU) umsetzt, kurz MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive).

Die kursierte schon im Jahr 2014 und sorgte in so manchem Finanzhaus bereits für Aufruhr, denn mit dieser Novelle werden den Finanzhäusern einige (zusätzliche) Pflichten auferlegt, deren technische Umsetzung gewährleistet werden muss. Was des einen Leid ist, ist des anderen Freud. An dieser Stelle kommt die IT-Branche ins Spiel.

Integrität und Transparenz der Märkte

Als Reaktion auf die Finanzkrise 2009 hat der europäische Gesetzgeber mehrere Vorschriften zur Regulierung des Finanzmarktes erlassen, darunter zuletzt MiFID II. Im Vordergrund dieser Richtlinie stehen die Integrität und Transparenz der Märkte sowie aber auch der Anlegerschutz. Kernpunkte sind (i) vereinheitlichte und verstärkte Sanktionsmöglichkeiten, (ii) die Regulierung des algorithmischen (Hochfrequenz-)Handels, (iii) Schließung von Aufsichtslücken, (iv) die Erweiterung der Anforderungen an bestehenden Handelsplattformen, (v) die Schaffung neuer Erlaubnispflichten und (vi) die Stärkung des Anlegerschutzes durch Anpassung der Verhaltens- und Organisationspflichten, einschließlich Aufzeichnungspflichten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen.

Der Teufel steckt – wie immer – im Detail. Neue Vorgaben zu Clearings, Plattformpflichten sowie zu algorithmischem und Hochfrequenzhandel machen nicht nur eine inhaltliche, sondern auch eine strukturelle Überarbeitung der Wertpapierhandelssysteme erforderlich. Mit der neuen Transparenz- und Meldepflicht werden zudem neue Formate für die jeweiligen Datensätze vorgeschrieben, welche Informationen enthalten müssen, die bislang nicht systematisch erfasst wurden.

Weitere Anpassungen bei der Datenverarbeitung sind zum Beispiel erforderlich für die Umstellung der Reports von Wertpapierkennnummern (WKN) auf BIC (Bank Identifier Code) als Referenz. Auch das schubweise Verarbeiten gesammelter Daten durch sog. Batches wird wohl nicht mehr ausreichen, um die neuen Vorgaben zur Nachhandelstransparenz zu erfüllen und bedarf damit einer Neukonzipierung. Anlass für letztere ist die Verkürzung der Veröffentlichungsfrist nach Geschäftsabschluss von bislang drei auf eine Minute.

Notwendigkeit und Tücken der neuen Aufzeichnungspflichten 

Gemäß den neuen Aufzeichnungspflichten muss die Kommunikation zwischen den Unternehmen und ihren Kunden, soweit es darin um die Annahme, Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen geht, aufgezeichnet und für mindestens fünf Jahre gespeichert werden. Auch hier erfordern die neuen Spielregeln eine Revision bzw. eine neue Planung der IT-Architektur, von der Erweiterung des Speicherplatzes, Aktualisierung der Datenmodelle und Verarbeitungsprozesse bis hin zu Anpassungen der Softwareoberflächen für den jeweiligen Endnutzer bzw. Kundenbetreuer. Der Zweck dieser Aufzeichnungspflichten ist zweierlei. Zum einen erleichtert dies dem Anleger, eine etwaige Fehlberatung nachzuweisen bzw. dem Finanzhaus, sich zu entlasten. Zum anderen sind die Aufsichtsbehörden befugt, jederzeit diese Daten zur Kontrolle abzufragen und zu prüfen. Bei gewissen Transaktionen ist den Behörden sogar eine real time Abfrage zu ermöglichen.

Die mit den Änderungen einhergehende Verantwortung ist enorm, denn unvollständige oder fehlende Daten können die Aufsichtsbehörde auf den Plan rufen. Beim ersten Mal bleibt es vielleicht bei einer Ermahnung, aber bei wiederholten Verstößen gegen diese Pflichten ist dann ein Bußgeld fällig. Im schlimmsten Fall kostet es das betroffene Finanzhaus die Erlaubnis.

Ausblick

Das heißt, dass neue Verdienstmöglichkeiten IT-Beratern und IT-Unternehmen in nicht unbeträchtlichem Umfang eröffnet werden. Es bringen sich schon die ersten IT/FinTech Start-ups in Stellung, auch wenn zugegeben die meisten Aufträge auf diesem Gebiet sehr wahrscheinlich an erfahrene bzw. mit dem Finanzhaus bereits kooperierende Unternehmen gehen werden (Stichwort „bekannt und bewährt“). Dennoch entsteht hier ein attraktives Betätigungsfeld für die IT-Branche. Der Referentenentwurf nennt schließlich bei der Prognose der Umsetzungskosten von MiFID II für die Wirtschaft Zahlen im unteren dreistelligen Millionenbereich.

 

 

Dies war ein Blog aus der Reihe "Markt Trends" - lesen Sie weitere Blogs aus dieser Reihe, wie z.B.: Rast statt Tank? Tankstellen und die Folgen der Elektromobilität

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