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Autor: Matthias Achim Teichert (Partner #FORTSCHRITT)
- 25.11.2019 -

Die sich verkürzenden Lebenszyklen erfordern ein Update beim Go-to-Market! Die Verbesserung der Time-to-Market ist relevant, um die Kundenwünsche vor der Konkurrenz zu bedienen. Eine probate Option dies erfolgreich zu erreichen ist den Marktlaunch mit einem Pre-Booking zu realisieren. Jedoch muss das Pre-Booking richtig gemacht werden, um final ein erfolgreichen Go-to-Market umzusetzen.

Die Veränderungen im Markt, durch Kundenwünsche und technische Möglichkeiten realisierbar geworden, haben sich auch auf den Bereich Go-to-Market und Markt Launch ausgewirkt. Besonders sichtbar wird dies beim Go-to-Market von Pkws. In den 1990er waren Markteinführungen in lokalen Autohäusern regelrechte Volksfeste: führte VW, Daimler oder Toyota & Co ein neues Model ein, standen die potentiellen Kunden und Schaulustigen Schlange, die lokale Zeitung berichtete und die örtliche Prominenz wie Bürgermeister und Sparkassenchefs gaben sich die Klinke in die Hand. Die Events für Golf, C-Klasse, 3er oder Kadett waren Kassenschlager und viele Autohäuser konnten mehrere dutzend Autos an solchen Veranstaltungen verkaufen. In den 2000ern mussten die Autohäuser die Markteinführung aktiv bewerben, eine Hüpfburg organisieren, Essen bereitstellen und erreichten dennoch weniger Kunden. Mit Sponsoring des Dorffußballvereins und Präsenz beim Schützenfest konnten die Rückgänge der Reichweite abgefedert, wenn auch nicht vollkommen ausgeglichen werden. In den 2010ern verschärfte sich der Verlust der Reichweite zunehmend, sodass heute noch mehr Aufwand betrieben werden muss.

Von Start-ups lernen – Tesla zeigt es allen!

Start-ups gestalten oftmals die Markteinführung vielseitiger, mit einer deutlich umfangreicheren Involvierung der Kunden und entwickeln dies zu einer umfassenden Go-to-Market-Strategie. Start-ups nutzen Minimum Viable Product (MVP) und deren Test vor dem Kunden, als auch dem gezielten Einbinden durch Pre-Booking vor der offiziellen Markteinführung. Mit der Bespielung der Kunden mittels eines Multi-Channel Go-to-Market Konzepts ist deutlich mehr möglich, als allein die Steigerung der Reichweite. Neben der Reichweite ist eine Ausrichtung der Entwicklung nach Kundenwünschen, eine Finanzierung der Entwicklung und Erstproduktion, eine Vertiefung der Kundenbindung usw. möglich. Aus diesem Grund ist ein Go-to-Market mit Pre-Booking nicht nur eine schlichte Werbekampagne zur Markteinführung, die mit der Feier im Autohaus gipfelt, sondern ein weitaus komplexerer Ansatz. Die Autobauer jedoch haben an ihrem Erfolgskonzept der 1990er nicht viel verändert und sowohl den Verlust an Reichweite als auch die Defizite in der Markteinführung stillschweigend akzeptiert. Erst mit Tesla und seiner erfolgreichen Go-to-Market Strategie, mit einer Involvierung einer Pre-Booking-Komponente als zentrales Element, wurde bei den anderen Autobauern der Impuls erzeugt das eigene Handeln zu reflektieren und zu verändern. Die mediale Berichterstattung über die rund 450.000 Fahrzeuge, welche Tesla mit Pre-Booking beim Kunden platziert hat, erzeugten Begehrlichkeiten bei anderen Autobauern. Denn solche Zahlen implizieren eine gute Conversion und enorme Reichweiten, die in den letzten 30 Jahren verloren gingen. Die Finanzierung von Entwicklung und Erst-Produktion war nicht im Fokus der meisten Autobauer, sodass die meisten beim Kopieren von Teslas Go-to-Market Strategie einige handwerkliche Fehler gemacht haben. In der Konsequenz konnten Sie nicht die Erfolge und Stückzahlen beim Pre-Booking von Tesla erzielen.

Pre-Booking richtig gemacht

Wenn das Pre-Booking nicht nur als Imitieren der Aktivitäten von Tesla intendiert ist, sondern als Bestandteil einer in sich stimmigen Go-to-Market Strategie, muss verstanden werden, was Pre-Booking ist! Denn es handelt sich um mehr als nur ein erfolgreicher Market Launch, viel mehr muss es als eine Strategieerweiterung verstanden werden:

Als Erstes ist eine Differenzierung zwischen Pre-Booking und Pre-Ordering notwendig. Beim Pre-Ordering ist es ein freiwilliger verpflichtender Kauf des Kunden vor dem offiziellen Marktlaunch mit Vertriebsstart (Start of Sales/ SoS). Beim Pre-Booking ist es mehr eine Form der Reservierung ohne final abgeschlossenen Kauf vor dem offiziellen Marktlaunch und dem Start of Sales. Bei Pre-Booking ist der Kaufpreis bei der Reservierung nicht fällig, jedoch wird meist eine Gebühr oder Kaution eingefordert. Diese vorab fällige Gebühr oder Kaution wird als Prüfung und Bestätigung der späteren Kaufabsicht für diese Leistung erhoben. Nach dem Marktlaunch und dem Start of Sales wird beim Pre-Ordering geliefert, während beim Pre-Booking die Option genutzt werden kann die getätigte Reservierung in einen regulären Kauf der Leistung zu wandeln. Neben diesen Punkten unterscheiden sich Pre-Booking und Pre-Ordering auch z.B. in der Regulatorik, Methodik, der Umsetzung und weiteren Aspekten des Marketings. Was beide Optionen eint ist, dass der Marktlaunch in seiner Gesamtheit deutlich umfangreicher gestaltet werden kann. Denn Aspekte wie Reichweiten, Kundenbindung, Absicherung von Produktionsvolumen, Finanzierung der Entwicklung und Erstproduktion sind gleichfalls zu involvieren.

Go to market klassisch

Go to market pre booking

Pre-Booking ist Reichweite, Verkauf, Kundenbindung und Finanzierung

Wenn die Pre-Booking-Kampagnen der etablierten Autobauer genauer betrachtet werden ist es offensichtlich, dass es eine Reaktion auf den phänomenalen Erfolg von Tesla ist. Die etablierten Autobauer machen kein echtes Pre-Booking, denn ihr Verzicht bzw. die Reduktion der Komplexität beraubt dieser Art des Marktlaunch seiner Kraft. Bei Leistungen/Produkten mit einem klaren B2C Charakter hat sich in den letzten Jahren bei Start-ups etabliert, dies mit Pre-Booking via Crowdfunding in den Markt zu tragen. Besonders in den USA gab es einige äußert erfolgreiche Kampagnen mit vielen tausend Kundenzusagen mit zweistelligen Millionen €/$ Volumen (siehe unten in der Übersicht).

Der Autobauer Tesla ging beispielweise beim Go-to-Market einen marktunüblichen Weg und folgte seiner Start-up Mentalität. Die Umsetzung des Marktlaunch mit dem Element des Pre-Bookings war so erfolgreich, dass sämtliche Leitmedien über diesen Erfolg berichteten und diesem noch mehr Reichweite bescherten. Des Weiteren haben die ca. 450 Millionen US-Dollar Tesla geholfen, seine Liquidität zu verbessern und so über das notwendige Budget für die Skalierung der eigenen Produktion zu verfügen.

Auch die Start-ups im Fahrzeugbau Elio-Motors, Fisker und Sono Motors nutzten das Pre-Booking in seiner gesamten Komplexität und hatten beachtliche Erfolge. Zum Beispiel hatte das junge Münchner Startup Sono Motors mit seinem Sion Fahrzeug über 6.000 Pre-Booking-Zusagen. Erst hierdurch gelang es Sono Motors das Projekt-Sion voranzubringen und umzusetzen. Aber auch viele andere Projekte haben sich sicherlich nur durch das Pre-Booking zu einem Erfolg entwickelt.

Vor und Nachteile Pre Booking

Pre-Booking – Weisheit letzter Schluss und Non-Plus-Ultra?

Pre-Booking hat viele positive Auswirkungen. Der Weisheit letzter Schluss und das ultimative Non-Plus-Ultra ist es jedoch nicht! Denn es gibt auch negative Punkte, beispielsweise bei einer Absage der Markteinführung eines durch Pre-Booking gehypten Produktes. Auch wenn eine solche Produkt-Absage juristisch sauber abgewickelt wurde, ist eine Absage an den Kunden auch eine eigene Bankrott-Erklärung. Diese führt zu einem nahezu vollkommenen Reputationsverlust und hat perspektivisch umfangreich negative Folgen vor dem Kunden. Zum anderen sollte der Unternehmer moralisch den Anspruch an sich selbst haben die Produktlieferung erfüllen zu können.

Die Regulatorik hat auch das Pre-Booking erreicht, wodurch nicht alle Wünsche von Kunden- oder Produzentenseite verwirklicht werden können. Aus diesem Grund müssen bei den Kampagnen mit Pre-Booking immer die externen und internen Regularien beachtet werden. Ein weiteres Manko ist das Story-Gap, denn es werden unvollendete Produkte beworben wodurch die Story-Konzeption häufig noch nicht abgeschlossen ist. Dies kann aus fehlenden technischen Informationen, der unvollendeten Entwicklung, dem nicht-finalen Design, dem reduzierten Umfang an Bildmaterial oder zum Beispiel aus den bereits erwähnten regulatorischen Gründen resultieren. Das Story-Gap muss daher bei der gestalterischen Kampagnenplanung beachtet werden. Des Weiteren müssen die oft bestehenden Mängel bei Vorserien- und anlaufender Serienproduktion einkalkuliert werden, da diese die Kundenzufriedenheit nicht steigern werden.

Fazit zu Pre-Booking

Wie so oft ist „gut gemeint“ das Gegenteil von „gut gemacht“, weshalb viele Pre-Booking Kampagnen nicht sehr erfolgreich sind. Informationen und Erfahrung legen wie so oft den Grundstein für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg. Richtig angewendet ist Pre-Booking jedoch ein effektives Tool beim Go-to-Market, um umfangreich Reichweite zu gewinnen und die Produkt- sowie die Firmenentwicklung auf den Kunden auszurichten. Besonders bei bestehenden Kundenbeziehungen kann es die Bindung stärken und diese kapitalisieren. Bei richtiger Systemnutzung können die kurzen Kommunikationswege zwischen zukünftigem Endnutzer und Entwicklungsabteilung zudem dabei helfen, dass das gewonnene Feedback vom Kunden in die in die Produktentwicklung einfließt und diese verbessert.

Tab. 1: Die größten Pre-Booking Kampagnen der letzten Jahre

 

Beispiele Pre Booking Crowdfunding

  • Literaturangaben
    • Kickstarter, Indiegogo, Gründerszene, Seedrs & jeweilige Homepage der Firmen

Autor

Matthias Achim Teichert

Co-Founder und Geschäftsführer der Think-Tank-Beratungsgesellschaft #FORTSCHRITT.

Matthias Achim Teichert ist Co-Founder und Geschäftsführer der Think-Tank-Beratungsgesellschaft #FORTSCHRITT. Er ist Experte für Company Building und Start-up-Strategien. In diesem Zusammenhang liegen seine Schwerpunkte auf der erfolgreichen Skalierung von Geschäftsmodellen, Go-to-Market-Strategien sowie Marktanalysen. Des Weiteren ist er als Dozent an der WWU Münster für Polit-Ökonomie tätig.

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