Aufbau eines Weltmarktführers
Autor: Matthias Achim Teichert (Partner #FORTSCHRITT)
- 29.11.2021 -
Ein Start-up zu gründen ist einfach und mit einem kleinen Formular beim Amt und meist einem kurzen Notartermin getan. Ein Start-up aufbauen ist hingegen sehr aufreibend und auch schwer; denn zum Skalieren eines Start-ups müssen in den diversesten Themenbereichen umfangreich Know-how im Gründerteam vorhanden sein.
Für die Marktführer sind dann noch einige andere Punkte von Relevanz - nicht ohne Grund gelingt es Pinky und Brain nicht so leicht, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Dennoch gibt es auch sachdienliche Tipps, um die Marktführerschaft zu erringen.
Die Ideen finden
Für jedes Start-up liegt eine neue kreative Idee zu Grunde, die den Markt verändert. Solche Ideen müssen teilweise erst aufwändig entwickelt werden oder liegen unbemerkt „auf der Straße“. Wenn die Ideen jedoch auf der Straße liegen, braucht es ein kreatives Auge, um diese zu bemerken. Es gibt viele erfolgreiche Beispiele in den letzten Jahren, wo aus einer spontanen Idee eine große Firma entstanden ist. Hier seien exemplarisch die Kommerzialisierung von Couchsurfing (AirBnB) oder die Digitalisierung der Uni-Jahrgangsbücher (Facebook) genannt. Der systematische Ansatz zur Ideengewinnung kann auch erfolgreich sein, wenn die eigenen Fähigkeiten mehr im operativen Bereich und der Vermarktung liegen. Rocket Internet z.B. hat auf diesen Weg über viele Jahre Erfolge gehabt. Unabhängig ob aus einem Geistesblitz entsprungen, auf der Straße gefunden oder strukturiert entwickelte, die neue Lösung muss einen Pain oder Gain einer Nutzergruppe bedienen. Ansonsten wird diese Idee nicht zu kapitalisieren sein.
Die Nische erobern
Meine persönliche Idee war es, für Mitglieder von Studentenverbindungen in Deutschland, Österreich, Schweiz und dem Baltikum Jacken der jeweiligen Studentenverbindungen zu liefern. Diese Jacken, die auch als Pekeschen, Flaus oder Kneipjacken bezeichnet werden, sollen individuell und der Zielgruppe als Maßkonfektion bereitgestellt werden.
Abb. 1: Startseite von https://kneipjacken.de/
Idee entwickeln und starten
Wenn der erste Schritt getan und eine Idee gefunden ist, fängt der richtige Spaß erst an. Ab diesem Punkt wird auch deutlich, wer eher ein Künstler und Selbstverwirklicher ist und wer ein Macher und Unternehmen ist. Die gefundenen Ideen müssen entwickelt werden und wie bei Diamanten muss eine Idee geschliffen werden, um das Feuer zum Vorschein zu bringen. Denn der perfekte Pitch oder der aussagekräftige Businessplan entstehen nicht von allein und benötigen einige Analysen und Marktforschungen. Hier besitzen Branchenkenner einen methodischen und inhaltlichen Vorsprung, jedoch sind Branchenfremde häufig unvoreingenommener und innovativer.
Die Pekeschen, Flaus oder Kneipjacken wurden von den etablierten Anbietern zwischen 600€ und 800€ angeboten, sodass diese Jacken zumeist als Sharing-Gut genutzt wurden. Die Jacken befanden sich in einem Pool, zu welchem allen Mitgliedern Zugriff hatten oder das Tragen war ausschließlich dem Präsidium vorbehalten. Meine Ideen war, mit einer optimierten Lieferkette, einem kumulierten Einkauf für die Produktion und einer Digitalisierung der Prozesse Skaleneffekte zu generieren. Hierdurch sind Preise für die Jacken zwischen 200€ bis 500€ möglich. Mit diesen Preisen können sich diese Jacken von einem Sharing-Gut zu einem Individual-Gut wandeln.
Hürden überwinden
Wer glaubt, mit einem guten Businessplan und fundierter Marktanalysen würde die Entwicklung des Start-ups zu einem Home Run, der irrt gewaltig. Die meist leichteste Hürde ist die Anmeldung des Gewerbes, jedoch sollte gründliche bedacht sein, welche Rechtsform gewählt wird. Echte Hürden sind die Etablierung von Produktion und Lieferkette mit Zoll, Logistik, Qualität, Lagerung, Buchhaltung, Besteuerung usw. Eine andere Hürde ist das erfolgreiche Erreichen der Kunden und Platzieren der eigenen Produkte/ Leistungen oder Services. Nicht nur bei digitalen Lösungen sind die Erstellung und Einführung der notwendigen Software eine enorme Hürde. Wenn diese Punkte alle handelbar sein sollten, besteht meist noch das Thema und die Hürde Mangel von Ressourcen und Kapital. Für beides kann oft zum Start F&F aushelfen (Friends & Family). Auch ist F&F eine gute Qualitätssicherung der Idee, Startaktivitäten, des Produktes oder z.B. der Kundenansprache. Wichtig ist nur: Die Hürden müssen als Herausforderungen wahrgenommen werden. Gleichfalls muss an jeder Hürde reflektiert werden, ob der betriebene Aufwand es einem „Wert“ ist.
Machen ist wie wollen, nur viel KRASSER!
Für uns waren die beiden größten Hürden die Sicherstellung der Lieferkette und die korrekte Buchhaltung, Abrechnung und Besteuerung des Geschäftsmodells. Die Schneider zu motivieren, mit uns zu arbeiten, war zum Start eine große Herausforderung. Wir nutzen ungarische Schneider, die beim Erstkontakt immer sehr erstaunt über den Wunsch aus Deutschland waren, ihre Nationaltracht in abgewandelte Form in großer Stückzahl beziehen zu wollen. Diese Skepsis und Reserviertheit der Schneider zu überwinden, gelang nur mit einem persönlichen Besuch und vielen gemeinsamen Runden Schnaps. Das deutsche Steuerrecht ist „eher“ komplexer, wodurch die saubere Buchhaltung, Abrechnung und Besteuerung ohne einen Steuerberater meist nicht funktioniert. Aus diesem Grund kann ich nur raten, einen Berater für Steuern zu wählen und nicht nur einen, der die Steuererklärung erstellt. Leider steht auf dem Klingelschild oftmals die gleiche Berufsbezeichnung, in der Wirklichkeit sind es jedoch Welten. Denn das Finanzamt als Gegner zu haben, ist bekanntlich kein erstrebenswertes Ziel!
Skalieren und stabilisieren
Skalieren bedeutet Kundengewinnung. Stabilisieren bedeutet schlanke, belastbare Prozesse und ausreichend Liquidität! Es klingt simpel, jedoch trennt sich hier häufig die Spreu vom Weizen. Denn vielen gelingt es nicht, ausreichend Nutzer bzw. Kunden zu gewinnen. Dies hat negative Folge auf die Rendite und mittelfristig auf die Liquidität. Es muss erfolgreich gelingen, das eigene Wertversprechen über die richtigen Kommunikationskanäle und passenden Kundenbeziehungen zur nachfragenden Zielgruppe zu transportieren. Dies gelingt nur mit einer Go-2-Market Agenda, mit abgestimmten Strategien für Marketing und PR sowie den notwendigen Ressourcen/ Geld für diese Maßnahmen.
Wir haben auf eine aktive Social Media fixierte Kampagne gesetzt und diese über Multiplikatoren aus dem Zielkundenumfeld gesteigert. Es gelang mit diesen Mitteln innerhalb weniger Monate, im Markt eine hohe Bekanntheit, Präsens und Akzeptanz zu erreichen. Die umfangreichen Marketingaktivitäten mussten wir zurückfahren, da durch Fachkräftemangel unsere kooperierenden Schneidereien die Produktionskapazitäten nicht steigern konnten. Sprich, wir konnten nicht die gesamte Nachfrage bedienen, da Lieferzeit von 6 Monaten entstanden. Die Engpässe bei den Produktionskapazitäten haben wir mit muttersprachlichen Vorortkräften zur Koordination mit den Schneidern umfangreich verbessern können.
Abb. 2: Prozess des Company Buildings (eigene Darstellung)
Exit oder Wachstum
Exit oder Wachstum? Verkaufen oder Lebenswerk erschaffen ist die Gretchenfrage jeder Gründung und sollte sich bereits zum Start bewusst gemacht werden. Gleichfalls sollte diese Frage zyklisch wiederholt reflektiert werden. Denn der Markt wandelt sich und somit auch die bestehenden Potenziale und Herausforderungen. Ergo auch die Bewertung, ob ein Exit oder ein Weitermachen der bessere Weg ist. Hier ist es wichtig, mit Rationalität zu agieren und weniger dogmatisch emotional geleitet zu sein.
Wir standen nach einer sehr erfolgreichen Startphase auch vor dieser Gretchenfrage. Die Rahmenbedingungen hatten sich gewandelt, da der private Fokus der Gründer sich verschoben hatten. Obwohl mit drei Käufern gesprochen und verhandelt wurde, entschieden wir uns gegen einen Exit. Zum einen war der Mehrwert für uns Gründer durch den Weiterbetrieb größer. Zum andern gelang es, die operativen Abläufe zu optimieren, sodass das Arbeitspensum zu bewerkstelligen blieb. Last but not least ist es auch ziemlich cool, Chef eines Weltmarktführers zu sein.
#FORTSCHRITT-Fazit
Mit Rationalität und Systematik werden erfolgreiche Gründungen zu lukrativen Unternehmen. Der relevanteste Punkt ist jedoch, das Starten und den ersten Schritt gehen. Denn die meisten Gründer scheitern vor dem Start, denn sie trauen sich nicht, den ersten Schritt zu gehen und lassen die Gelegenheit passieren.
Wir von #FORTSCHRITT haben unsere Erfahrungen mit Unternehmensgründen und Unternehmensaufbau systematisiert und professionalisiert und damit nutzbar für unsere Kunden gemacht. Zum einen haben wir von #FORTSCHRITT mit dem WELTENRAUM ein Inkubator und Accelerator aufgebaut, um anderen Gründern und Start-ups an unseren Erfahrungen teilhaben zu lassen. Zum anderen war #FORTSCHRITT Initiator der Open Source Plattform „Geschäftsmodellwerkstatt“, auf welcher gezielt Wissen und Informationen zum Gründen, Sanieren und Optimieren von Geschäftsmodellen platziert werden. Des Weiteren setzt #FORTSCHRITT erfolgreiche Company Building und Go-2-Market Projekte für Mittelständler und Konzerne nach unserem systematisierten und professionalisierten Prozess um. Sprechen Sie uns gerne an!