Digitalisierung von Personalprozessen als Erfolgsfaktor

Autor: Christoph Neumann (Experte für Neue Arbeitswelten bei #FORTSCHRITT)
- 16.04.2021 -

Personalarbeit kann nicht wertschöpfend zum Unternehmenserfolg beitragen – so die landläufige Meinung. Warum diese Meinung jedoch völlig falsch ist und wie insbesondere digitale Prozesse und Tools in der Personalarbeit dazu beitragen können, zeigt der folgende Beitrag. In den letzten Monaten kam den Personalfunktionen in den Unternehmen eine immer größere Bedeutung zu, da diese sich auch in der Vergangenheit schon mit der Struktur und der Organisation von Arbeit befasst haben.

Insbesondere in Post-Corona-Zeiten, in denen sich viele Unternehmen mit den Forderungen ihrer Arbeitnehmer nach einer Neustrukturierung von Leistungserbringungsprozessen im Sinne des New Work Gedanken auseinandersetzen müssen, sollten viele Unternehmen nun auf die bereits vorhandenen Erkenntnisse in den eigenen Personalabteilungen setzen und diese sinnvoll unterstützen.

Digitalisierung in allen Unternehmen wichtig

Wir sind längst in einer digitalisierten Welt angekommen. Die Digitalisierung betrifft nicht mehr nur IT-Unternehmen oder Firmen mit einem hohen Technologisierungsgrad, sondern Unternehmen quer durch sämtliche Branchen, Sektoren und Regionen. Diesen Wandel gilt es zu nutzen! Als führende Wirtschaftsnation mit vitalem industriellen Kern, einem hervorragend aufgestellten Mittelstand und vielen klugen, innovativen Köpfen bietet Deutschland beste Voraussetzungen für eine digitalisierte Wirtschaft1.

Home Office / Remote Work als Teil der Digitalisierung

Die Möglichkeit des Home Office, mobilen Arbeitens, Telearbeitens oder wie auch immer Sie es nennen mögen, ist zurzeit sicherlich eines der prominentesten Beispiele für den positiven Einfluss der Digitalisierung.

sagen laut einer Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gut 37 Prozent der Mitarbeiter, die mit Kindern im Home-Office sind, es falle ihnen wegen der Doppelbelastung schwer, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Unter den Führungskräften berichten nur gut 26 Prozent von solchen Problemen.

Mehr oder weniger Motivation?

Fast 42 Prozent der Mitarbeiter im Home-Office sagen, ihre Motivation lasse nach, unter den Chefinnen und Chefs erleben das gut 35 Prozent so. Die Vorgesetzten sagen oft sogar, sie könnten sich nun besser konzentrieren.

Und wie geht es weiter, wenn die Krise abklingt? 55 Prozent der Führungskräfte erwarten, dass sich die Arbeitsorganisation in irgendeiner Form dauerhaft verändern wird. 44 Prozent sind der Meinung, Beschäftigte sollten bei gelockerten Kontaktbeschränkungen zumindest vorerst noch selbst entscheiden dürfen, ob sie wieder ins Büro kommen. Die Mitarbeitenden sehen das mehrheitlich genauso.

Digitalisierung als Voraussetzung für mobiles Arbeiten

Doch dies ist, wie gesagt, nur ein Beispiel für die Digitalisierung, wenn auch sicherlich eines der im Augenblick prominentesten. Julia Borggräfe, Abteilungsleiterin Digitalisierung und Arbeitswelt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sagte kürzlich im #onthewaytonewwork-Podcast, dass „Mobiles Arbeiten ohne Digitalisierung nicht möglich“ ist2.

Status quo der HR-Digitalisierung im deutschen Mittelstand

Wenn wir uns den Status quo der Digitalisierung im HR-Bereich im deutschen Mittelstand (gilt oft auch für Konzerne) anschauen, dann sehen wir eine absolute Notwendigkeit der Standardisierung und Harmonisierung in den HR-Prozessen. Diese sind vielfach dezentral organisiert und wenig harmonisiert. Die fehlende Standardisierung kann einen reibungslosen, effizienten Betrieb nicht gewährleisten. Pen and Paper Lösungen sind allerorts an der Tagesordnung und hemmen die Effizienz der Personalabteilungen genauso wie sie zusätzliche Aufwände für die Mitarbeiter erzeugen. Oftmals stößt man auf eine historisch gewachsene HR-IT-Landschaft. Eine Vielzahl an Einzelanwendungen machen den Betrieb komplex und End-to-End Prozesse unmöglich. Viele HR-Prozesse werden manuell ausgeführt, oft auch mit Medienbrüchen. Das Eingeben von Daten in mehrere Quellen führt zu ineffizienten Prozessen und einer erhöhten Fehlerrate.

Betrachtung der Mehrwerte der Digitalisierung anhand des Employee Life Time Value Modells

Betrachtet man die Phasen, die ein Mitarbeiter im Normalfall in einem Unternehmen von Onboarding bis Offboarding durchläuft, so erkennt man deutlich, dass dieser zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich produktiv für das Unternehmen arbeiten kann und damit auch die Beiträge zur Wertschöpfung stark variiieren. In der Regel ist der Mitarbeiter nach der Einarbeitung am wertschöpfendsten, wenn er seinen vollen Beitrag leisten kann; bis zu dem Tag, an dem er sich entscheidet, das Unternehmen zu verlassen. (siehe Abbildung 1)

Employee Life Time Value ohne digitale Tools

Abb. 1: Der Employee Life Time Value ohne digitale Tools

In der Abbildung 2 sehen wir, wie sich der Employee Life Time Value ändern kann, wenn man den Employee Journey (die Zeit, die der Mitarbeiter im und mit dem Unternehmen verbringt) des Mitarbeiters durch digitale Tools unterstützt. So kann beispielsweise ein früherer Kontakt hergestellt werden, weil man digitale Recruitingtools nutzt und der Mitarbeiter lernt das neue Team bereits in einem Videocall vorab kennen. Vielleicht kann sich der potenzielle Mitarbeiter auch schon ein Bild vom neuen Unternehmen machen, da dieses umfangreiche Social Media Kanäle und Profile bei Kununu und anderen Bewertungsplattformen unterhält. Eine frühe Identifikation ist so besser möglich.
Die Zeit bis zum vollen Beitrag kann durch sinnvoll digital gestützte Einarbeitung (z. B. durch Produktvideos und Podcasts – man muss nicht warten, bis die Fachkollegen mal Zeit haben) unterstützt werden.

Online-Angebote schärfen Fähigkeiten

Die Skills und Fähigkeiten des Mitarbeiters können durch Online- und Blended-Learning Angebote stetig verbessert und sein Beitrag damit erhöht werden. Schließlich kann durch das firmeneigene Intranet oder Social-Net länger Kontakt zu den Alumni gehalten werden. Hier bieten sich natürlich auch analoge Offline-Events an, die das gemeinsame Erleben unterstützen können, aber auch diese kann man durch den Einsatz sinnvoller digitaler Tools einfacher administrieren und auf den Weg bringen. Nicht zuletzt bietet es sich an, für Alumni geschützte Räume im eigenen Intranet oder auf Plattformen wie Facebook oder LinkedIn (über entsprechende Gruppen) zu schaffen.

Dies sind nur einige konkrete Anwendungsbeispiele, die jedoch exemplarisch schon deutlich machen, dass ein verbesserter Employee Journey sofort zu mehr Wertschöpfung für das Unternehmen führen kann.

Employee Life Time Value mit digitalen Tools

Abb. 2: Der Employee Life Time Value mit digitalen Tools

Die Abbildung 3 zeigt einige der Vorteile von digitalen Tools in der Personalarbeit noch einmal in komprimierter Form und in der Zuordnung zu den verschiedenen Phasen des Employee Journey.
Hier kann man auch gut die Einsparungen an Zeit und Kosten für die HR-Administration sehen, die im Gegenzug dazu führen kann, dass sich die Personalabteilung wieder mehr mit strategischen Themen und z. B. gezieltem Recruiting oder Employer Branding oder auch der Einführung von New Work Ansätzen (die im übrigen auch wieder positiv auf das Employer Branding einzahlen) beschäftigen kann.

Vorteile digitaler Tools in der HR Arbeit

Abb. 3: Die Vorteile digitaler Tools in der HR-Arbeit

Berechnung von Mehrwerten für die Unternehmen

Liegen die Vorteile von digitalen Prozessen in der Personalarbeit nun schon fast auf der Hand, so kann man diese konkreten Mehrwerte für die Unternehmen auch einfach berechnen. Exemplarisch sollen dies die folgenden zwei Beispiele zeigen.

Reduzierung der Anzahl der manuell unterstützen HR-Transaktionen

Anzahl der bearbeiteten Transaktionen von Mitarbeitern, Managern, Rentnern, usw. (Anzahl pro Mitarbeiter) x Prozentsatz der von HR manuell unterstützen Transaktionen x Kosten pro HR-Transaktion (Hackett-Studie)

5000 [10 x 500] x 80% x 14,32 € = 57.280 €

Verbesserungspotenzial 20 % = Mehrwert p.a. 11.456 €

Reduzierung der Führungskräftezeit für Administration

% Zeit einer Führungskraft für Admin der MA x Anzahl FK x Kosten FK

11% x 60 x 85.000 € = 561.000 €

Verbesserungspotenzial 7 % = Mehrwert p.a. 39.270 €

Diese beiden Beispiele zeigen, dass bereits kleine Verbesserungen in diesem Bereich zu großen Auswirkungen führen können.

#FORTSCHRITT- Fazit

In vielen Unternehmen gilt die Personalfunktion immer noch als rein administrative Funktion und wird auch von den Geschäftsführern und Managern nicht als wertschöpfend oder bestenfalls als „notwendiges Übel“ wahrgenommen. Wir konnten nun aber sehen, dass die Personalfunktion sehr wohl zur Erhöhung der Wertschöpfungstiefe eines Mitarbeiters beitragen und damit nicht nur aktiv Kosten sparen, sondern das Gesamtunternehmen nach vorne bringen kann. Auch der Aspekt der neuen Arbeitsorganisation im Sinne von New Work sollte dabei nicht unter den Tisch fallen.
Wie zum Beispiel der Einsatz von Coworking-Spaces im Unternehmensalltag eine Rolle spielen kann, wird in einem anderen Beitrag auf diesem Blog beschrieben (Coworking auf dem Land - Das neue Normal?)
Wichtig ist auch an dieser Stelle, dass sinnvoll und an den richtigen Stellen mit den richtigen Tools digitalisiert wird. #FORTSCHRITT hilft Ihnen gerne bei der Erarbeitung einer Strategie und der Auswahl der richtigen Tools und Digitalisierungsschritte.
Wir haben dazu einige Produkte entwickelt, die sie schnell handlungsfähig machen, helfen Ihnen aber auch gerne bei der Erstellung einer maßgeschneiderten Strategie.

Christoph Neumann
Partner bei #FORTSCHRITT und Leiter der Organisationsentwicklung

Christoph Neumann ist seit mehr als 10 Jahren in der Beratung von KMU und Konzernen in den Bereichen Personalentwicklung und Neue Arbeitswelten tätig und verfügt über langjährige Führungserfahrung im Bereich Vertrieb und Marketing sowie Turnaround-Management. Er war Geschäftsführer der größten studentischen Wirtschaftskonferenz – des Campus Symposiums – und ist Geschäftsführer und Gesellschafter eines Start-up-Inkubators und Coworking-Spaces im sauerländischen Iserlohn – dem WELTENRAUM. Er ist Mitglied mehrerer Expertenkommissionen zu dem Thema New Work und gehört zum Kreis des „Next Generation Networks“ des Aspen Institutes Deutschland.

Christoph Neumann