Autor: Daniel Patrick Brugger (Partner #FORTSCHRITT)
- 05.02.2021 -
Kein zukunftsfähiges Geschäftsmodell? Das erfolgreiche Zusammenspiel von Digitalisierung und der Digitalen Transformation ist mehr denn je Voraussetzung für ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell. Doch bevor man diese Elemente nutzen kann, sollte man verstehen, was sie bedeuten und wie sie zusammenhängen. Ein Blick in die Zukunft der Geschäftsmodelle…
Digitalisierung und digitale Transformation sind zwei Begriffe, die man in der jüngeren Vergangenheit vor, aber vor allem in Zeiten der Corona-Pandemie häufig gelesen und gehört hat. Mittlerweile gehen sie nicht nur im beruflichen, sondern auch im privaten Kontext in den gängigen Wortschatz über. So ist es nicht verwunderlich, dass auch Politiker, Wirtschaftslenker und Journalisten die beiden Begriffe immer wieder aufgreifen.
Aber was bedeuten Digitalisierung und digitale Transformation eigentlich und wie hängen diese miteinander zusammen? Betrachten wir diese Fragen einmal nacheinander:
DIGITALISIERUNG im Kontext von Geschäftsmodellen
„Die Corona-Krise macht die digitalen Riesen noch riesiger und beschleunigt die Schrumpfung traditioneller Geschäftsmodelle.“ Satya Nadella (CEO Microsoft)
Satya Nadella, amtierender CEO von Microsoft, sprach im Juni 2020 davon, dass die Corona-Krise negative Auswirkungen auf die traditionellen Geschäftsmodelle habe wird und diejenigen Unternehmen davon profitieren werden, die bereits digitale Geschäftsmodelle etabliert haben. Ein Blick auf drei Aktienkursverläufe aus dem Jahr 2020 zeigt, dass seine These nicht ganz falsch ist.
Abb. 1: Aktienkurse von Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen, Quelle: www.finanzen.net
Geschäftsmodell: Lizenz
Unternehmen, die bereits seit Längerem auf digitale Geschäftsmodelle setzen und diese auch weitreichend ausgerollt haben, konnten ihre Umsätze und Gewinne stabil halten. Schaut man sich Microsoft an, stieg der Aktienkurs nach einem kurzen Einbruch sogar über den „vor Corona-Wert“. Das langjährig etablierte Lizenzmodell zur Nutzung der Software ermöglichte den Kundenunternehmen die einfache Verlängerung und Erweiterung der Lizenzen und somit des eigenen Softwarebestandes.
Vorteil: Download
Nintendo ist als ein Spielekonsolen- und Spieleentwickler bekannt und steht damit für Unternehmen, die nicht direkt von der Veränderung der Berufswelt profitieren konnten. Allerdings setzt Nintendo den Weg der Digitalisierung und der Transformation hin zu einem Softwareunternehmen weiter fort. Neben den Konsolen an sich setzt das Unternehmen vermehrt auf direkte Spieldownloads und Softwareupdates. Damit war es möglich, auf bestehende Spielkonsolen, wie der bekannten Playstation, per Download Spiele per Klick herunterzuladen. Damit konnten sowohl Kinder (soweit die Eltern es erlaubten), neben dem HomeSchooling Stress, als auch Erwachsene, die vermehrt zu Hause waren, dem Lagerkoller entgegenwirken – ohne die Notwendigkeit einer Ladenöffnung. Damit profitierte Nintendo indirekt durch die Situation, aber vor allem direkt durch sein digitales Geschäftsmodell.
Beschleuniger: Homeoffice
Auch der Videokonferenztool-Anbieter Zoom hat seinen Aktienkurs deutlich steigern können. Maßgeblich hängt dies mit dem erhöhten Bedarf an digitaler Zusammenarbeit zusammen. Unternehmen mussten über Nacht ins Homeoffice und benötigten dafür technische Unterstützung, bei der für viele Unternehmen ungewohnten Art der Zusammenarbeit. Damit steht das Unternehmen sinnbildlich für den technischen Aufschwung und die Digitalisierung, gerade auch in deutschen Unternehmen – denn hier ist digitale Zusammenarbeit meist noch kein Alltag.
Die Halbwertszeit des technischen Fortschritts
Ausgehend von diesen drei Beispielen, ist die Digitalisierung eine stark technisch geprägte Herangehensweise. Auf der einen Seite im Sinne der Bereitstellung von Hardware (Notebooks, Konsolen, Kameras/Mikrophone) und auf der anderen Seite von Software (Lizenzen, Spiele, Plattformen).
Betrachtet man noch einen weiteren Aspekt, dann ist es der eigene Einfluss auf die Geschwindigkeit und die Durchdringung der Digitalisierung in unserem Privat- sowie Berufsleben. Unternehmen gestalten Produkte und Dienstleistungen, die sie erfolgreich verkaufen können, die Effizienzen bringen und damit den Kunden Kosten ersparen.
Dies wiederum bedeutet vereinfacht gesagt, dass man im Privatleben die Digitalisierung nicht großartig beeinflussen kann. Versuchen Sie heute, ein nagelneues Telefon mit Wahlscheibe zu bekommen. Schon der Kauf eines Festnetztelefons wird schwer, denn der Standard der Telekommunikation sind heute Smartphones. Digitalisierung ist unausweichlich und unaufhaltsam – sie kommt so gesehen auf Grund der datengetriebenen Geschäftsmodelle und der Halbwertszeit des technischen Fortschritts „automatisch“.
Digitalisierung als Grundvoraussetzung
Eine vergleichbare, wenn auch meist etwas verzögerte Entwicklung sehen wir in den B2B-Produkten. Maschinen, die nur noch mit Internetanschluss eingerichtet und konfiguriert werden können oder gar nur damit funktionieren. Erst diente dies zur Übermittlung automatischer Softwareupdates, um den Techniker einzusparen. Heute werden damit Daten ausgetauscht, die gänzlich neue Geschäftsmodelle ermöglichten. Wie das Bezahlen pro gedruckter Seite Papier anstatt der Anschaffung einer ganzen Druckmaschine oder die Abrechnung einer Flugstunde anstelle des Verkaufs einer Turbine.
Digitalisierung beschreibt in diesem Kontext die technische Basis für Vernetzung und Infrastruktur von Hard- und Software sowie für die Übertragung analoger in digitale Inhalte. Digitalisierung sollte daher als technische Grundvoraussetzung, als technischer Fortschritt verstanden und genutzt werden. Der D21 Digital-Index beziffert den Digitalisierungsgrad in Deutschland in auf 58 von 100 Punkten – Potential also noch vorhanden!
Abb. 2: Digital-Index in Deutschland bei 58 Punkten (Quelle: Initiative D21 e.V.)
DIGITALIE TRANSFORMATION im Kontext von Geschäftsmodellen
„Die Welt erlebt soeben zwei Jahre digitale Transformation komprimiert auf zwei Monate.“ Satya Nadella (CEO Microsoft)
Während Digitalisierung sich auf die technischen Aspekte fokussiert, zielt die digitale Transformation mehr darauf ab, wie man Digitalisierung nutzt. Dementsprechend hat digitale Transformation mehr mit dem eigenen Mindset und der Unternehmenskultur zu tun. Sie ist - vereinfacht auf den Punkt gebracht - der intrinsische Treiber analoger Prozesse zu überprüfen, ob diese mit Hilfe digitaler Technologien ersetzt oder gar abgeschafft werden können.
Im Privatleben sieht man diesen Effekt bei Google Maps oder Apple Maps, die klassische Navigationssysteme überflüssig machten, bei Einkaufslisten, die in Echtzeit mit anderen Personen geteilt und synchronisiert werden oder bei Gängen zum Bankschalter, die durch Online-Banking nicht mehr notwendig sind.
Digitale Transformation als Manual
Im beruflichen Kontext geht es mehr um die Unternehmenskultur, Prozessoptimierung und neue Geschäftsmodelle. Wie zu Beginn des Jahres in den drei Phasen der digitalen Berufswelt geschildert, spielt die digitale Transformation in Bezug auf Zusammenarbeitsmodelle, Meetingstrukturen und Reisezeiten eine wichtige Rolle in der Unternehmenskultur. Ist die digitale Infrastruktur vorhanden, können Prozesse sowie deren Workflows darauf abgebildet werden. Effizienzgewinne in Zeit, Steigerung der Nutzerfreundlichkeit und geringere Kosten sind die positiven Nebeneffekte digitaler Transformation. Digitale Transformation ist ein Mindset, ist Veränderungsaffinität, eine Anspruchshaltung, Chancen in unbekanntem Terrain zu nutzen. Ein Aspekt ist dabei maßgeblich: Das Geschäftsmodell!
Digitalisierung + Digitale Transformation = zukunftsfähiges Geschäftsmodell
Ein Geschäftsmodell verbindet Digitalisierung, als technische Grundvoraussetzung, mit der „Digitalen Transformation“, als nachhaltige und mehrwertstiftende Nutzung dieser Voraussetzungen. So wie Microsoft auf ein Lizenzmodell umgestiegen ist oder Nintendo auf Spieledownloads.
Abb. 3: #FORTSCHRITT-Geschäftsmodellformel, Quelle: Eigene Darstellung
Im Rahmen der „Digitalen Transformation“ werden Unternehmen nicht nur technisch moderner. Sie werden es auch im Umgang mit dem Kunden, in der Produktentwicklung, in der Wertschöpfung und in der Ertragsgestaltung. Also in allen vier Parametern eines Geschäftsmodells.
Aus den technischen Möglichkeiten eines Unternehmens Lösungen zu entwickeln, um die eigenen Leistungen (Produkte & Dienstleistungen) mit einem direkten Kundenzugang und möglichst hoher Nutzerfreundlichkeit anbieten zu können, ist „Digitale Transformation“. Diese wirkt nach innen und außen. Nach innen zum Beispiel im Sinne der digitale Urlaubsplanung und Genehmigung oder der Reisekostenabrechnung via ERP-Software und digitaler Freigabeprozesse. Nach außen durch direkte kundenbezogene Geschäftsmodelle, wie beispielsweise:
- Digitale Weinproben, per Paketversand und Videokonferenztool
- Pre-Booking bei Automobilkonzernen
- Zauberer, die digitale Lehrstunden geben
- Friseure, die Typberatung, Produktanwendungen und weitere Services per Videoworkshop anbieten
- Software, die nicht mehr auf DVD sondern als Download bereitgestellt wird
- Fitnessstudios, die nun Workshops für Fitness zu Hause anbieten
Abb. 4: Digitale Transformation kundenbezogener Geschäftsmodelle, Quelle: Eigene Darstellung
#FORTSCHRITT Fazit
Die Liste an Beispielen aus der älteren und auch jüngeren Vergangenheit ist sehr lang. Die einen entwickelten ihre Geschäftsmodelle aus eigenem Antrieb, die anderen auf Grund des Überlebensdrucks.
Die Frage ist nicht, wann oder warum Sie Ihr Geschäftsmodell und damit die Unternehmensprozesse anpassen. Die Frage ist, wie Sie es anpassen!
- Justieren Sie das bestehendes Geschäftsmodell lediglich?
- Erweitern Sie das Geschäftsmodell entlang der Supply Chain?
- Führen Sie ein gänzlich neues Geschäftsmodell ein?
Die Veränderung des Geschäftsmodells kann marginal bis vielfältig sein. Wichtig ist, egal welche Ausprägung die Veränderungen im Unternehmen haben, das man die Auswirkungen auf alle Teilbereiche der erfolgreichen Geschäftsmodellumsetzung betrachtet – die internen Prozesse, die Unternehmenskultur, die Kommunikation nach außen, die Wertschöpfung und das Ertragsmodell.
Diese Parameter alle im Blick zu behalten, die Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zu verstehen und zum eigenen Vorteil im Unternehmen nutzbar zu machen, kann durchaus komplex werden.
Da Geschäftsmodelle das Herz eines jeden Unternehmens sind, sollten Sie nicht „Try & Error“ als Strategie ausgeben. Sie würden auch keinen Medizinstudenten im ersten Semester eine Herztransplantation vornehmen lassen, oder? Verstehen Sie Ihr eigenes bisheriges Geschäftsmodell, machen Sie sich bewusst, was die Stärken und Schwächen Ihrer Organisation sind und vergegenwärtigen Sie sich, wie beides miteinander verknüpft ist. Dann beginnen Sie mit der Ausarbeitung der Geschäftsmodelle der Zukunft und damit mit der (digitalen) Transformation Ihres Unternehmens!
Die Covid-19 Pandemie war und ist nach wie vor eine Brennlinse auf die Digitalisierung vieler Unternehmen. Doch der Pandemieausbruch war auch gleichermaßen ein Streichholz für die aufflammenden Chancen der digitalen Transformation.
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- Gassmann, O., Frankenberger, K, & Csik, M. (2013). Geschäftsmodelle entwickeln. Hanser Verlag.
- Müller, L. S., & Pohle, A. (2020). Ergebnispräsentation D21 Digital Index 2019/2020. Verfügbar unter: https://initiatived21.de/app/uploads/2020/03/d21-digital-index-2019_2020_praesentation-fachkongress.pdf.pdf/. [Zuletzt geprüft am 24.01.2021]
- Steingart, G. (2020). Das Morning Briefing. Verfügbar unter: https://news.gaborsteingart.com/online.php?u=fvuBXUY5028. [Zuletzt geprüft am 04.01.2021]
- Thelen, F. (2020). 10xDNA. Frank Thelen Media.
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