Feuerwehreinsatz im IT-Projekt - Neue Projektleitung als Retter in der Not

Autoren: Fabian Fritz (Leiter der Projektmanagementeinheit) & Simon Postert (Consultant #FORTSCHRITT)
- 10.09.2024 -

In der Welt des Projektmanagements gehören IT-Projekte zu den anspruchsvollsten Vorhaben. Sie sind oft komplex, interdisziplinär und von vielen Variablen abhängig. Es kann daher leicht passieren, dass ein Projekt aus dem Ruder läuft – sei es durch unerwartete technische Herausforderungen, Kommunikationsprobleme im Team oder durch Veränderungen in den Anforderungen.

In solchen Situationen kann es vorkommen, dass es notwendig wird, über einen neuen Projektleiter nachzudenken und das Führungspersonal auszutauschen. Doch was tun, wenn man in einer solchen Situation als neuer Projektleiter das Ruder rumreißen soll. Die Erwartungshaltungen der einzelnen Stakeholdergruppen sind groß, die Aufgabenlast enorm. Die Herausforderung liegt darin, schnell die Kontrolle zu übernehmen und das Projekt wieder auf den richtigen Weg zu bringen.

Dimensionen Projektmanagement Notfall

Ursachenanalyse

Bestandsaufnahme

Zu Beginn ist es entscheidend, alle relevanten Informationen über das Projekt zusammenzutragen, zu sichten und in Beziehung zueinander zu setzen. Am Ende der Analyse sollte ein ganzheitliches Bild des Projekts und der Ursachen seiner Fehlentwicklung entstehen. Zunächst muss der aktuelle Projektstatus erfasst werden. Hierbei liegt der Fokus auf der Sammlung von Informationen über den aktuellen Stand des Projekts, einschließlich des Fortschritts im Vergleich zum Zeitplan, des Standes des Budgets, der Qualität der bisher geleisteten Arbeit und der Einhaltung der Anforderungen. Für die Ursachenidentifikation ist das Sichten der Dokumentation unerlässlich. Hierbei muss die Projektdokumentation, einschließlich Projektpläne, Anforderungen, Risikomanagementpläne, Änderungsanfragen, Sitzungsprotokolle und Berichte überprüft werden. Flankiert wird die Ursachenidentifikation durch Gespräche mit verschiedenen Stakeholdern. Dazu zählen u. a. der Auftraggeber, der vorherige Projektleiter, das Team, der Endbenutzer und andere Beteiligte. Ziel ist es, verschiedene Perspektiven auf die Probleme und Herausforderungen zu erhalten.

Identifikation der Symptome

Nachdem alle relevanten Dokumente gesichtet wurden, müssen nun die Abweichungen identifiziert werden. Wo und warum ist das Projekt vom ursprünglichen Plan abgewichen (z.B. Verzögerungen, Budgetüberschreitungen, nicht erfüllte Anforderungen)? Es ist zu prüfen, ob definierte Prozesse nicht eingehalten wurden oder ob es Mängel in den Prozessen gab, die zu den aktuellen Problemen geführt haben. Aber auch die Teamdynamik und die Moral müssen untersucht werden. Die Analyse der Teamstimmung, die Art der Zusammenarbeit und die Motivation sind bedeutsame Faktoren. Schlechte Kommunikation, unklare Rollen oder Konflikte im Team können für die Schieflage mitverantwortlich sein (liesen Sie hierzu auch unser Whitepaper Tour de Transformation). Neben den zwischenmenschlichen Komponenten sind häufig technische Aspekte der Ursprung von Problemen im Projekt. Die Überprüfung technischer Defizite muss daher u.a. die Bewertung der Codequalität, die Suche nach Bugs oder unklaren Anforderungen umfassen.

Analyse von Projektmanagement-Aspekten

Projektmanagement kann als eine Disziplin verstanden werden, die grundlegende Fähigkeiten und Kenntnisse erfordert. Dieses Wissen, das die gesamte Projektdurchführung umfasst, ist in der Person des Projektleiters gebündelt. Hat er nicht genügend Weitblick oder unterschätzt er relevante Aspekte des Projektes, kann dieses schnell in Schieflage geraten. Daher sind u.a. folgende Punkte zu beachten:

Ziel- und Anforderungsdefinition: Sind die Projektziele (noch) klar und erreichbar? Gab es Missverständnisse oder Änderungen der Anforderungen, die nicht angemessen berücksichtigt wurden?

Risikomanagement: Überprüfung, ob Risiken korrekt identifiziert, bewertet und gemanagt wurden. Wurden kritische Risiken übersehen oder nicht angemessen behandelt?

Änderungsmanagement: Analyse, wie Änderungen im Projekt gehandhabt wurden. Unkontrollierte Änderungen (Scope Creep) können ein großes Problem darstellen.

Ressourcenplanung: Überprüfung der Verfügbarkeit und Qualifikation von Ressourcen sowie der Zuweisung von Aufgaben. Wurden die richtigen Ressourcen in der richtigen Qualität und Quantität eingesetzt? Gab es Engpässe oder Fehlallokationen?

Neuausrichtung und korrektive Maßnahmen

Kommunikation mit den Stakeholdern

In dieser Phase ist eine offene und transparente Kommunikation entscheidend. Es muss klar und präzise kommuniziert werden, was schief gelaufen ist, ohne dabei Schuldzuweisungen zu tätigen. Unmittelbar darauf folgt der neue Masterplan. Die Stakeholder müssen verstehen, welche Schritte unternommen werden müssen und wie diese das Projekt wieder auf den richtigen Kurs bringen. Regelmäßige Updates sind hier entscheidend, um Vertrauen zurückzugewinnen. Dazu gehört bereits die Neuausrichtung des Change-Prozesses, begleitet von einer abgestimmten Kommunikationsstrategie.

Den Ressourcenbedarf neu evaluieren

In vielen Fällen reichen die ursprünglich eingeplanten Ressourcen nicht aus, um das Projekt zu retten, weshalb eine Überprüfung der Projektressourcen notwendig ist. Es muss geklärt werden, ob das Team genügend Kapazitäten hat, um die anstehenden Aufgaben zu bewältigen und ob das Budget für diese Anstrengungen noch im Rahmen liegt. Die Sicherstellung des Projekterfolgs ist mit weiteren Kosten verbunden. Es muss geklärt werden, inwieweit zusätzliche Ressourcen mobilisiert werden können. Dies könnte bedeuten, mehr Personal hinzuzuziehen, zusätzliche Finanzmittel zu beantragen oder mehr Zeit einzuplanen.

Priorisierung und Fokus: Das Wesentliche in den Vordergrund rücken

In einer Krisensituation ist es unter Umständen notwendig, die Prioritäten neu zu setzen. Hierbei stehen die kritischen Bereiche, die sofortige Aufmerksamkeit erfordern, im Mittelpunkt. Weniger dringende Aufgaben werden auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Die in der Priorisierung festgelegte Fokussierung auf die relevanten Themen muss vom Projektteam auch in der täglichen Arbeit übernommen werden. Klar definierte Ziele und ein enges Fortschrittsmonitoring helfen dabei, das Team auf Kurs zu halten.

Neubewertung des Zeitplans

Ein realistischer Zeitplan ist essenziell, um das Vertrauen der Stakeholder zurückzugewinnen. Wenn der Zeitplan angepasst werden muss, ist zu klären, welche Meilensteine noch realistisch sind und welche verschoben werden müssen. Pufferzeiten sind wichtig, um unvorhergesehene Verzögerungen aufzufangen. Die Notwendigkeit von Anpassungen muss klar kommuniziert werden. Dabei ist darauf zu achten, dass deutlich wird, wie dies zum erfolgreichen Abschluss des Projekts beiträgt.

Teamdynamik und Motivation

Ein demotiviertes Team kann das gesamte Projekt gefährden. Daher ist es wichtig, Verständnis für die Frustrationen zu zeigen und das Team durch eine klare Vision und gute Erfolgsaussichten zu motivieren. Hierbei ist eine engmaschige Kommunikation unabdingbar. Maßnahmen zur Förderung der Zusammenarbeit und ein offenes Ohr für individuelle Anliegen sorgen dafür, dass sich alle Teammitglieder in ihrer Arbeit wertgeschätzt fühlen.

Risiken neu bewerten und managen

Nach den aufgetretenen Problemen ist eine Neubewertung der Risiken erforderlich. Es müssen Überlegungen angestellt werden, welche weiteren Probleme sich aus den bisherigen Verzögerungen ergeben könnten. Dazu müssen Strategien entwickelt werden, um zukünftige Risiken besser kontrollieren und mögliche Probleme frühzeitig erkennen zu können. Ein an die neuen Rahmenbedingungen angepasstes Risikomanagement ist ein wichtiges Instrument, um den Projekterfolg sicherstellen zu können.

Aus Fehlern lernen

Fortschritte transparent machen

Eine klare Dokumentation hilft bei der Überwachung des Fortschritts und erleichtert spätere Analysen. Daher sollten alle Anpassungen, Entscheidungen und deren Auswirkungen schriftlich festgehalten werden. Um den Fortschritt verfolgen zu können, müssen die wichtigsten Leistungsindikatoren (KPIs) identifiziert werden. Diese müssen messbar und jederzeit vergleichbar sein.

Lessons Learned

Nicht nur am Ende eines Projektes ist es wichtig, die gemachten Erfahrungen zu reflektieren. Gerade bei Feuerwehreinsätzen ist es wichtig, in regelmäßigen Abständen die Erkenntnisse zu sammeln.

Welche Lehren können aus den aufgetretenen Problemen gezogen werden?

Sind die vorgenommenen Anpassungen zielführend?

Die gewonnenen Erkenntnisse können zur Feinjustierung genutzt werden, um wieder optimal auf Kurs zu kommen. Aber auch, um ähnliche Situationen in Zukunft zu vermeiden. Indem die Lessons Learned dokumentiert und mit dem gesamten Team sowie anderen Projektverantwortlichen im Unternehmen geteilt werden, können zukünftige Fehler und Gefahren besser vermieden werden.

#FORTSCHRITT-Fazit

Ein aus dem Ruder gelaufenes IT-Projekt wieder auf Kurs zu bringen, ist eine anspruchsvolle, aber lösbare Aufgabe. Durch eine gründliche Ursachenanalyse, transparente Kommunikation, gezieltes Ressourcenmanagement und eine sorgfältige Neubewertung des Projektplans kann die Kontrolle zurückgewonnen und das Projekt erfolgreich abgeschlossen werden. Dabei ist es wichtig, aus den gemachten Fehlern zu lernen, um zukünftige Projekte effizienter und reibungsloser zu gestalten.

Wenn Sie bei der Durchführung oder Neubewertung Ihrer Projekte kompetente Unterstützung benötigen, steht Ihnen das erfahrene Team von #FORTSCHRITT gerne zur Verfügung.

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Fabian Fritz
Leiter der Projektrealisierungs-Einheit und Senior Consultant

Neben seinem Bachelorstudium an der University Applied Sciences Europe absolvierte er ein MBA Programm an der FH Wien. Der ehemalige Radprofi und Gründer eines Tech-Start-ups ist Experte für Unternehmensgründung und Projektmanagement.

Fabian Fritz