Zwischen Wohnsitzfalle & Strukturwandel
Autor: Markus Oliver Heidak (Global Partner Middle East)
- 27.03.2017 -
Der anhaltende niedrige Rohölpreis hat die Staaten der arabischen Halbinsel dazu gebracht, Steuern als weitere Einkommensquellen einzuführen. Anfangen wird es 2018 mit 5% "Value Added Tax“ (VAT). Die Folgen werden spürbar sein, vor allem für „Expatriates“.
In der Golfregion hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan. Die Länder der Arabischen Halbinsel sind seit Jahrzehnten als Absatzmarkt für Investitions- und Konsumgüter attraktiv. Dafür sorgen der konstante Investitionsbedarf in die Förder- und petrochemischen Anlagen, die vielen infrastrukturellen Großprojekte und die hohe Kaufkraft der Bevölkerung. Für die EU rangierten 2015 die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) an 13. Stelle der wichtigsten Außenhandelspartner.
Über dies hinaus haben sich die VAE, und hier Dubai so wie auch Abu Dhabi, als Verwaltungsstandorte für die in der Region tätigen internationalen Unternehmen klar etabliert. Durch die für die Region sehr liberale gesellschaftliche Lebensart dient Dubai den Firmen als Knotenpunkt. Von Dubai aus werden die benachbarten Länder und Regionen bearbeitet – etwa Afrika oder auch Iran. Dies wird sich mit der voranschreitenden Öffnung Irans und der prosperierenden Entwicklung in Afrika noch verstärken. Für Unternehmer als auch für die Mitarbeiter sind dabei zwei Veränderungen von besonderer Bedeutung: das Doppelbesteuerungsabkommen sowie die Einführung der Mehrwertsteuer.
Wohnsitzfalle durch Doppelbesteuerungsabkommen
Der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und den VAE sorgt dafür, dass deutsche Arbeitnehmer immer häufiger in die VAE versetzt werden oder direkt bei einem arabischen Arbeitgeber beschäftigt werden. Um die Gefahr einer doppelten Besteuerung von Einkünften zu vermeiden, haben beide Staaten deshalb ein sog. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen, welches das Besteuerungsrecht für einzelne Einkünfte nur einem Staat zuweist. Das neue Doppelbesteuerungsabkommen wurde bereits am 01.07.2010 unterzeichnet und ist mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden am 17.01.2011 in Kraft getreten.
Die Besonderheit des neuen Abkommens liegt darin, dass Deutschland entgegen der bisherigen Abkommenspolitik nicht mit zwei Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung arbeitet (Freistellungsmethode und Anrechnungsmethode), sondern aus deutscher Sicht ausschließlich die Anrechnungsmethode zur Anwendung kommt. Im Rahmen der Anrechnungsmethode wird eine drohende Doppelbesteuerung gemäß nationalem, deutschem Steuerrecht durch die Anrechnung der in den VAE tatsächlich gezahlten Steuern auf die deutsche Steuer vermieden. Da aber in den VAE keine Einkommensteuern erhoben werden, läuft die Anrechnung ins Leere.
Dadurch werden die erzielten Einkünfte eines Deutschen in den VAE voll besteuert,falls dieser weiterhin seinen Wohnsitz in Deutschland beibehält. Die Möglichkeit, einen Teil des Gehalts aufgrund der 183-Tage-Regelung faktisch steuerfrei zu erhalten, besteht somit ebenfalls nicht mehr. Des Weiteren sind sämtliche geldwerten Vorteile wie z. B. Mietkostenzuschuss, Schulgeld für die Kinder, Chauffeurdienste, Hausmädchen oder Mitgliedschaften nach deutschen Kriterien zu beurteilen und folglich in voller Höhe in Deutschland zu versteuern.
Aus diesem Grund ist die Beibehaltung des deutschen Wohnsitzes ungünstig, er wird somit zur Steuerfalle und kann zu erheblichen, unvorhergesehenen Steuernachzahlungen führen. Diese Folge lässt sich nur vermeiden, wenn der Beteiligte seinen Wohnsitz in Deutschland mit Beginn der Entsendung in die VAE vollständig aufgibt.
Einführung der Mehrwertsteuer (VAT)
Im Dezember 2015 wurde durch die sechs Mitgliedstaaten des Golfkooperationsrates (GCC-Gulf Cooperation Council) die Einführung einer Mehrwertsteuer beschlossen. Diese soll 2018 in allen GCC-Ländern (Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, VAE) gleichzeitig eingeführt werden.
Geeinigt haben sich die Länder zunächst auf gemeinsame Grundsätze, die in jedem Staat einzeln durch ein nationales Mehrwertsteuergesetz umgesetzt werden sollen. Hier zeigen sich Parallelen zum Mehrwertsteuersystem innerhalb des europäischen Binnenmarktes, denn auch hier gibt es mit der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSysRL) eine für alle Mitgliedstaaten gültige EU-Richtlinie, welche aber durch die jeweiligen Umsatzsteuergesetze in nationales Recht umgesetzt werden mussten.
Die wichtigsten Eckdaten für das gemeinschaftliche Mehrwertsteuersystem der GCC-Staaten sind dabei wie folgt:
- Die Steuer soll anfänglich bei 5% liegen
- Ausgenommen sind das Gesundheitswesen, der Bildungssektor, soziale Dienstleistungen und 94 definierte Lebensmittel
Als „Verbrauchsteuer“ wird die Mehrwertsteuer auch in den VAE den Endverbraucher durch den Steueraufschlag auf das Nettoentgelt besteuern und die Waren/Dienstleistungen entsprechend verteuern. Die Unternehmen werden wohl wieder „administrativ“ belastet werden, um sicherstellen zu können, dass die vom Verbraucher vereinnahmte Steuer ordnungsgemäß an die Finanzbehörden abgeführt wird. Investitionen in IT-Systeme, Ausbildung und nicht zuletzt die erforderlichen Audits belasten die Unternehmen mit entsprechenden Kosten. Wie die Ausgestaltung der detaillierten Vorschriften sowie die Umsetzung in nationales Recht erfolgt, wird die Zukunft zeigen und bleibt spannend abzuwarten. Raum für unterschiedliche Interpretationen durch Finanzbehörde und Steuerpflichtigem wird aber auch nach sorgfältiger Ausarbeitung durch die Behörden genug vorhanden sein und sich vor allem in der Praxis zeigen.
Fazit:
Diese beiden Punkte werden große Veränderungen für die ökonomischen Aktivitäten in Dubai als auch dem gesamten arabischen Raum mit sich bringen. Negative Konsequenzen für die langfristige Entwicklung des Raums sind zunächst jedoch erst einmal abzuwarten. Obwohl diese Veränderungen den Standort Dubai und die gesamte VAE unattraktiver machen, sind die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen dennoch gut. Vor allem Aspekte wie Sicherheit, Lebensstandard und Liberalität sind für Expatriates und deren Familien weiterhin sehr attraktiv. Alternative Standorte in Iran, Saudi-Arabien oder auch viele afrikanische Staaten können diese gewünschten Standards nicht in dem Umfang liefern wie Dubai oder Abu Dhabi.
Aus diesem Grund werden auch in Zukunft weiterhin viele ökonomische Aktivitäten von Dubai oder Abu Dhabi aus verwaltet werden. Ebenso werden die Entwicklungen in Afrika und die Öffnung des Iran den Standort UAE noch weiter stärken. Sicherlich werden die lokalen Herrscherfamilien die erhobenen Steuern dazu nutzen, die Strategie des Strukturwandels mit Investitionen in Zukunftsthemen weiter voranzubringen. Langfristiges Ziel muss es sein, die Abhängigkeit vom Erdöl zu reduzieren und den Standort Dubai damit zukunftsfähig zu gestalten.
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