Website Header Publikationen

Autorin: Sara Skorupa (Consultant #FORTSCHRITT)
- 25.03.2024 -

In einem Poker-Turnier und einem komplexen Projekt finden sich mehr Parallelen, als man zunächst vermuten würde. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem Tisch mit grünem Filz, Karten in der Hand, und überlegen, wie Sie die kommenden Runden meistern können. Welche Einsätze sind angemessen, und was könnten Sie gewinnen oder verlieren?

Ähnlich wie bei einem Pokerturnier navigieren Projektmanager durch Herausforderungen, setzen ihre Ressourcen (u.a. Fähigkeiten und Wissen) weise ein und streben danach, das bestmögliche Projektergebnis zu erzielen.

Dieser Artikel erkundet die Schnittstelle zwischen Poker und Projektmanagement, um zu verstehen, wie das Konzept der Spieltheorie in der Projektumgebung Anwendung finden kann und welche Erkenntnisse Projektleiter aus einem Spiel wie Poker ziehen können.

Die Planung eines Projekts ist eine strategische Entscheidung

Die Anwendung von spielthetischen Überlegungen im Projektmanagement tritt dort auf, wo zwischen mehreren Stakeholdern Entscheidungen getroffen werden. Für den Projektmanager kann die Spieltheorie als strategischer Rahmen zur Planung und Steuerung von Projekten genutzt werden. Das Ziel besteht darin, Gewinne zu maximieren und Verluste zu minimieren, indem nicht nur das Wissen und die Strategien des Managers berücksichtigt werden, sondern auch die der anderen am Projekt beteiligten Stakeholder. Durch die Anwendung der Spieltheorie auf jeden Stakeholder gewinnt der Projektmanager eine differenzierte Perspektive auf die jeweilige Entscheidungsfindung.

Grundlagen der Spieltheorie

Die Grundlagen der Spieltheorie beinhalten zunächst die Vorhersage von Situationen, in denen der Gewinn eines Teilnehmers auf Kosten eines anderen geht; dies nennt man Nullsummenspiel. Im Laufe der Zeit hat sich die Spieltheorie jedoch weiterentwickelt und umfasst heute eine breite Palette von Szenarien und Interaktionen, die sowohl menschliche als auch technische Teilnehmer einbeziehen. Infolgedessen hat sich die Spieltheorie als ein wertvolles Instrument im Projektmanagement etabliert.

Die Elemente der Spieltheorie umfassen Spieler, die strategische Entscheidungen treffen, welche Projektbeteiligte wie Kunden, Manager oder Teammitglieder sein können. Diese Spieler wählen aus verschiedenen Strategien, wie unterschiedlichen Methoden der Aufgabenzuweisung oder Kommunikationsansätzen. Die Ergebnisse dieser Strategien, die sogenannten „Payoffs“ können von der Projektabwicklung über Kosteneinsparungen bis hin zum Ruf des Unternehmens reichen.

Die Spieltheorie unterteilt Spiele in verschiedene Typen, darunter kooperative versus nicht-kooperative Spiele sowie symmetrische versus asymmetrische Spiele. Kooperative Spiele ermöglichen es den Teilnehmern, verbindliche Vereinbarungen zu treffen, während nicht-kooperative Spiele dies nicht tun, was in vielen Projektumgebungen der Fall ist. Ebenso haben symmetrische Spiele identische Strategien unter den Spielern, während asymmetrische Spiele unterschiedliche Strategien beinhalten, was die vielfältigen Optionen der Stakeholder in Projekten widerspiegelt. Dies demonstriert den erhöhten Grad an Komplexität, der in vielen Projektkonstellationen vorzufinden ist.

Spiele können auch als gleichzeitige oder aufeinanderfolgende Spiele klassifiziert werden, je nachdem, ob die Teilnehmer gleichzeitig oder nacheinander Entscheidungen treffen. Die Projektentscheidungsfindung umfasst oft beide Arten. Zum Beispiel kann die Projektplanung ein sequentielles Spiel sein, wenn die Verzögerungen in einer Aufgabe sich auf nachfolgende Aufgaben auswirken. Die Spieltheorie kann diese Verzögerungen vorhersagen und planen.

Innerhalb dieser Spiele befindet sich das Konzept des Nash-Gleichgewichts. Es beschreibt in nicht-kooperativen Spielen eine Kombination von Strategien, wobei jeder Spieler genau eine Strategie wählt, von der aus es für keinen Spieler sinnvoll ist, von seiner gewählten Strategie als einziger abzuweichen.

Die Rolle des Projektmanagers im Spiel

Projektmanager stehen vor der Herausforderung, kontinuierlich „gute“ (dem Projekt dienliche) Entscheidungen zu treffen, oft basierend auf unvollständigen Informationen. Ähnlich wie Pokerspieler nutzen sie die Kraft der Beobachtung und Schlussfolgerung, um vernünftige Annahmen über ihre Wettbewerber zu treffen. Sie nutzen kalibrierte Schätzungen, um die Gewinnchancen zu berechnen, und wählen dann die beste Handlungsoption aus - alles, während sie ihre eigenen Emotionen im Zaum halten. Sie sind stets bereit, Strategien zu ändern und dabei sowohl soziale Fähigkeiten als auch technische Grundlagen einzusetzen. Der Projektmanager leitet erfolgreich die Zusammenarbeit mit Teams aus verschiedenen Bereichen und Hintergründen, indem er klare Erfolgskriterien festlegt und die Planungs- und Managementaufgaben übernimmt. Er führt Teams durch Herausforderungen und beseitigt Hindernisse gemäß einem festgelegten Arbeitsplan, wobei er versteht, dass der Schlüssel zum Erfolg in einem umfassenden Verständnis der Teams und Ressourcen liegt.

Der Projektmanager spielt neben Teammitgliedern und Stakeholdern eine entscheidende Rolle dabei, die Regeln und Prozesse einzuhalten, die von der gewählten Projektmanagementmethodik determiniert werden. Um ein Projekt erfolgreich zu gestalten, ist es eine der Kernaufgaben eines Projektmanagers, diese Regeln und Prozesse sinnvoll und zielführend auszulegen und die Aktivitäten effizient durch die einzelnen Projektphasen zu navigieren. Die Kenntnis der Ziele der Mitstreiter und die Unterstützung bei der Erreichung ihrer Ziele werden zu einem zentralen Aspekt des erfolgreichen Projektmanagements. Außerdem sollte der Projektmanager flexibel auf sich ändernde Bedingungen und unerwartete Probleme reagieren können.

Die Anwendung der Spieltheorie im Projektmanagement

Die Anwendung der Spieltheorie im Projektmanagement verdeutlicht die zentrale Bedeutung von Vertrauen, Kooperation und Kommunikation für den Erfolg eines Projekts. Dabei müssen häufig Entscheidungen unter Berücksichtigung vieler (unvollständigen) Informationen getroffen werden. Eine auf der Spieltheorie basierende Kommunikationsstrategie kann das Risiko von Problemen in solchen Situationen effektiv reduzieren. Vertrauen und eine gute Kommunikation haben einen nachweisbaren Einfluss auf die Zusammenarbeit und tragen wesentlich zur erfolgreichen Umsetzung von Projekten bei. Beispielsweise, das Berücksichtigen der Bedürfnisse und Erwartungen verschiedener Stakeholder erfordert einen ausgeprägten Sinn für Kompromissbereitschaft. Eine regelmäßige Kommunikation und Abstimmung helfen sicherzustellen, dass die Interessen aller relevanten Parteien beachtet werden und zu einer ausgewogenen Lösung führen. In ähnlicher Weise fördert ein Projektmanager eine offene Kommunikation und Teamzusammenarbeit, um unterschiedliche Fachkenntnisse und Perspektiven einzubringen und innovative Lösungen zu entwickeln. Die kooperative Arbeitsweise trägt dazu bei, Synergien zu nutzen und Herausforderungen effektiv zu bewältigen.

Das Gefangenendilemma: Ein Praxisbeispiel

In der Welt der Entscheidungsfindung ist das Gefangenendilemma ein bekanntes Gedankenexperiment, das die Dynamik von Kooperation und Konflikt beleuchtet. Dieses klassische Es hilft zu verstehen, wie die Entscheidungen von Menschen durch Eigeninteresse und das Streben nach gegenseitigem Nutzen beeinflusst werden.

In folgendem Praxisbeispiel wird ein Szenario dargestellt, das ein Gefangenendilemma aus der Spieltheorie illustriert.

  • Es geht um eine Produkteinführung, bei der mehrere Stakeholder, darunter der Projektmanager und der IT-Stakeholder, beteiligt sind.
  • Eine bevorstehende externe Budgetkürzung betrifft den IT-Stakeholder, der für die Lieferung der erforderlichen Arbeitspakete verantwortlich ist.
  • Das Projekt wird agil durchgeführt und befindet sich mitten in einem Sprint, als die Budgetkürzung bekanntgegeben wird.
  • Zu diesem Zeitpunkt benötigt der Projektmanager relevante Informationen vom IT-Stakeholder, um die vereinbarten Meilensteine zu erreichen und den Sprint erfolgreich abzuschließen. Diese Informationen betreffen die Leistungserbringung des neuen Produkts sowie den Zeitpunkt und die Kosten für die Lieferung der Meilensteine.

Die Strategie des Projektmanagers besteht darin, die erforderlichen Informationen vom IT-Stakeholder zu erhalten, um die Projektziele zu erreichen und den Sprint erfolgreich abzuschließen. Sein Hauptziel ist es, mit möglichst geringem Aufwand den größtmöglichen Nutzen zu erzielen, indem er die Kosten minimiert und den Profit maximiert. Der Projektmanager kann entweder kooperieren, indem er die Budgetkürzung bekannt gibt und somit eine transparente Kommunikation und Zusammenarbeit mit dem IT-Stakeholder pflegt, oder nicht kooperieren, indem er Informationen zurückhält und die Auswirkungen der Budgetkürzung verschweigt, und somit die Dynamik in dem Projekt nicht zu gefährden. Die Entscheidung des Projektmanagers wird stark von seiner Absicht beeinflusst, das Projekt voranzutreiben und die eigenen Ziele zu erreichen.

Der IT-Stakeholder steht vor der Herausforderung, die Auswirkungen der Budgetkürzung auf sein Team zu bewältigen und sicherzustellen, dass die Arbeitspakete rechtzeitig und effizient geliefert werden. Seine Strategie besteht darin, entweder fair zu kooperieren, indem er transparente Informationen über die Leistungserbringung des neuen Produkts bereitstellt und die Arbeitspakete zu angemessenen Kosten liefert, oder nicht kooperieren, indem er die Kosten für die Arbeitspakete erhöht und möglicherweise falsche Informationen über den Aufwand und die Kosten für die Produktlieferung liefert. Die Entscheidung des IT-Stakeholders wird maßgeblich von der Absicht beeinflusst, die eigenen Interessen zu schützen und mögliche negative Auswirkungen der Budgetkürzung zu vermeiden.

In diesem Szenario steht der Projektmanager vor der Entscheidung, wie er mit der Situation umgehen soll, während der IT-Stakeholder die Unsicherheit über die Auswirkungen der Budgetkürzung auf sein Team bewältigen muss. Diese Konstellation verdeutlicht das Dilemma, in dem beide Parteien ihre eigenen Interessen verfolgen, während sie gleichzeitig auf die Zusammenarbeit und den übergeordneten Erfolg des Projekts angewiesen sind.

Dieses Szenario und die einzelnen Handlungsoptionen mit den dazugehörigen Payoffs der Akteure wird in der nachstehenden Matrix abgebildet. Dabei sind die Zahlen in Klammern die Payoffs für den Projektmanager (erster Wert) und den IT-Stakeholder (zweiter Wert) darstellen.

 

IT-Stakeholder

   

Keine Kooperation (NC)

Kooperation (C)

 Projektmanager

Keine Kooperation (NC)

(-2,-2)

(0,-5)

Kooperation (C)

(-5,0)

(-1,-1)

Basierend auf den Informationen aus dem Praxisbeispiel und den beschriebenen Handlungsoptionen ergeben sich folgende Payoffs:

Die dominante Strategie für den Projektmanager ist, nicht zu kooperieren, da der Payoff in diesem Fall immer höher ausfällt als bei Kooperation. Unabhängig davon, ob der IT-Stakeholder kooperiert oder nicht, hat der Projektmanager einen höheren Payoff, wenn er die Informationen zurückhält und vorgibt, dass das Projekt wie geplant weitergeht.

Die dominante Strategie für den IT-Stakeholder ist ebenfalls, nicht zu kooperieren. Selbst wenn der Projektmanager kooperiert und die Budgetkürzung transparent teilt, hat der IT-Stakeholder einen höheren Payoff, wenn er die Preise erhöht und möglicherweise falsche Informationen über die Kosten für die Arbeitspakete liefert. In diesem Fall kann der IT-Stakeholder seine Interessen schützen und sich für die möglichen negativen Auswirkungen der Budgetkürzung rüsten.

Obwohl die dominante Strategie für beide Akteure darin besteht, nicht zu kooperieren, ergibt sich aus der Payoff-Matrix, dass die Kooperation im Allgemeinen einen etwas größeren Payoff für beide Akteure hätte als das Nash-Gleichgewicht.

Der höhere Payoff der Kombination „Kooperation & Kooperation“ entsteht durch eine synergetische Zusammenarbeit beider Akteure, die es ermöglicht, die Ziele des Projekts effizient zu erreichen. In diesem Szenario teilt der Projektmanager transparent die Budgetkürzung mit und der IT-Stakeholder reagiert darauf, indem er fair bepreiste Arbeitspakete und richtige Informationen liefert, anstatt sich selbst für die Budgetrüstung zu rüsten.

Der Weg aus der „Falle der Ineffizienz“

Es ist wichtig zu betonen, welchen Einfluss Vertrauen und Kommunikation auf den Erfolg eines Projekts haben. Das Nash-Gleichgewicht in diesem Spiel tritt ein, wenn beide Akteure ihre dominanten Strategien ausführen, was bedeutet, dass weder der Projektmanager noch der IT-Stakeholder kooperiert. Diese Konstellation ist jedoch suboptimal, da es zu einem Nullsummenspiel führt, bei dem beide Akteure zwar keine Verluste erleiden, aber auch kein maximaler Nutzen erzielt werden kann.

Durch Vertrauen, transparente und offene Kommunikation könnten beide Akteure möglicherweise zu einem besseren Ergebnis und damit zu einem optimalen Projektergebnis gelangen. Wenn beide Akteure kooperieren und Informationen teilen, können sie gemeinsam Lösungen finden, die für beide Seiten vorteilhaft sind und letztendlich den größtmöglichen Nutzen für das Projekt erzielen. Wenn Vertrauen und Kommunikation vorhanden sind, können potenzielle Konflikte vermieden, Synergien genutzt und das Projekt effektiver gesteuert werden. Dies verdeutlicht, wie eng Vertrauen und Kommunikation mit dem Erfolg eines Projektes verknüpft sind und warum sie als grundlegende Bausteine für eine erfolgreiche Zusammenarbeit betrachtet werden können.

#FORTSCHRITT-Fazit

Die Spieltheorie ist ein nützliches und wirkungsvolles Hilfsmittel, um das Spannungsfeld zwischen Kooperation und Konflikt sowie die Bedeutung von Vertrauen, Kooperation und Kommunikation in der Projektarbeit besser zu verstehen. Der strategische Rahmen der Spieltheorie hilft Projektmanagern, Entscheidungsprozesse aus einer neuen Perspektive zu betrachten und ihre Strategien zu optimieren.

Wir bei #FORTSCHRITT leben diesen Ansatz, indem wir stets das übergeordnete Projektziel vor Augen haben und uns bei allen Entscheidungen die Frage stellen:

„Was ist das beste für den Kunden?“

Dies impliziert eine umsichtige und vorausschauende Denkweise, die wir mit dem Kunden durch eine offene und transparente Kommunikation auf Augenhöhe realisieren. Sind auch Sie an Projektmanagern interessiert, die Ihr Projekt und Ihr Unternehmen WIRKLICH voranbringen, dann sprechen Sie uns gerne an!

 

Wenn Sie diesen Beitrag zitieren möchten, nutzen Sie gerne folgende Quellenangabe

Skorupa, S. (2024, 25. März). Projektmanagement am Pokertisch: Die Kunst der Entscheidungsfindung. FORTSCHRITT GmbH. https://fortschritt.co/blog-de/324-projektmanagement-am-pokertisch-die-kunst-der-entscheidungsfindung

Autor
Sara Skorupa

Consultant bei #FORTSCHRITT

Sara Skorupa ist Consultant bei #FORTSCHRITT und hat VWL mit Schwerpunkt auf Innovation und Technologie an der Universität Maastricht studiert. Ihre Erfahrungen erwarb sie unter anderem während ihrer Tätigkeit in der Corona-Enquête-Kommission, im politischen Umfeld sowie bei diversen Projekten zu Resilienz und Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen und zukunftsfähigen Lösungen. Als Beraterin bei #FORTSCHRITT ist sie spezialisiert auf Nachhaltigkeitsthemen und unterstützt Unternehmen dabei, innovative und nachhaltige Wege umzusetzen.

FORTSCHRITT GmbH 

Berlin
Gitschiner Straße 92
10969 Berlin
Fon: +49 30 67 79 52 33

Frankfurt
Kaiserstraße 50
60329 Frankfurt am Main
Fon: +49 69 24 24 62 22

Mail: kontakt@fortschritt.co

Iserlohn
Nordengraben 2
WELTENRAUM
58636 Iserlohn
Fon: +49 177 49 22 578