Effiziente Meetingkultur im digitalen Zeitalter

Autor: Lina Gräsing (Junior Consultant #FORTSCHRITT)
- 26.06.2025 -

Meetings gehören zu den zentralen Arbeitselementen moderner Organisationen. Für viele Fach- und Führungskräfte prägen sie den Arbeitsalltag maßgeblich, das belegen auch vielfach Studien: Führungskräfte verbringen im Durchschnitt rund 23 Stunden pro Woche in Besprechungen, bei Top-Führungskräften wie CEOs sind es sogar bis zu 72 % der gesamten Arbeitszeit (Harvard Business Review, 2017). Dennoch empfinden mehr als die Hälfte aller Mitarbeitenden Meetings als unproduktiv oder frustrierend (Atlassian, 2022). 

Die Relevanz effizienter Meetings kann daher nicht hoch genug eingeschätzt werden – denn gut durchgeführte Meetings steigern nicht nur die Produktivität, sondern wirken sich nachweislich positiv auf die Zufriedenheit und Bindung der Mitarbeitenden aus (Allen & Rogelberg, 2013). Zufriedenheit ist wiederum ein signifikanter Prädiktor für höhere Leistungsbereitschaft und geringere Fluktuation (Judge et al., 2001). 

Mit dem Übergang in die hybride Arbeitswelt hat sich jedoch nicht nur das Format von Meetings verändert, sondern auch ihre kulturelle Bedeutung: Die Frage, wie wir zusammenarbeiten, wurde durch die Digitalisierung neu verhandelt. Was früher ein physischer Raum mit klarer sozialer Dynamik war, ist heute oft eine hybride Konstellation aus analogen und digitalen Teilnehmenden – mit neuen Machtverhältnissen, technischen Herausforderungen und sozialen Unsicherheiten. Mehr zu den Chancen und Herausforderungen der hybriden Arbeitswelt findet sich in unserem Whitepaper „hybride Arbeitsmodelle optimieren“ 

Diese Transformation ist mehr als eine bloße Veränderung – sie ist ein tiefgreifender kultureller Wandel, der weit über die Wahl von Videotools hinausgeht. Die Einführung hybrider Meetings sollte daher nicht als reines Prozess-Update verstanden werden, sondern als Teil einer strukturellen und kulturellen Transformation, die Organisationen langfristig befähigt, neue Formen der Zusammenarbeit erfolgreich zu gestalten. Ein Transformation Management Office (TMO) kann dabei helfen, hybride Meetingkulturen als Bestandteil ganzheitlicher Veränderungsprozesse zu begreifen. Denn effektive Meetingformate sind kein Selbstzweck – sie sind Werkzeuge einer lernenden, adaptiven Organisation, die sich nachhaltig auf ein digitales Zeitalter ausrichtet. 

 

Hybride Meetings: Definition und Herausforderungen 

Ein Meeting lässt sich grundsätzlich als eine geplante Zusammenkunft von zwei oder mehr Personen mit einem definierten Ziel, Struktur und Ergebnisabsicht verstehen (Rogelberg et al., 2006). Klingt in der Umsetzung erst einmal ganz simpel. Hybride Meetings erweitern dieses Konzept um eine Komponente: Hierbei nehmen Personen gleichzeitig vor Ort und virtuell teil. Laut Saatci et al. (2020) erfordern hybride Meetings eine „koordiniert synchronisierte Kollaboration zwischen co-located und remote agierenden Teilnehmenden“ – was neue Anforderungen an Technik, Moderation und Kultur mit sich bringt. 

Die Herausforderungen beginnen oft schon bei scheinbar trivialen Details: schlechter Ton, unklare Moderation, intransparente Entscheidungswege oder das klassische „Room Bias“, bei dem remote Teilnehmende wenig eingebunden werden. Hinzu kommt eine asymmetrische Meetingerfahrung, die zu Unzufriedenheit und Passivität führen kann. 

Zudem entfällt in hybriden Settings ein Großteil der nonverbalen Kommunikation. Ironisch: In einer Zeit, in der die Menschen viel einfacher als vorher auch über räumliche Distanzen miteinander kommunizieren können, fühlen sich viele Teilnehmende weniger eingebunden als früher. 

Die doppelte Chance hybrider Meetings 

Trotz der Herausforderungen bergen hybride Meetings auch erhebliche Potenziale – insbesondere im Kontext moderner Transformationen: 

  • Zugänglichkeit und Flexibilität: Mitarbeitende können unabhängig vom Standort teilnehmen, was Inklusion und Diversität fördert. 
  • Effizienzgewinn: Durch klare Strukturen, technische Unterstützung und gezielte Agenda-Planung lassen sich hybride Meetings zeiteffizient gestalten. 
  • Transparenz: Hybride Tools ermöglichen eine lückenlose Dokumentation, asynchrone Beteiligung und bessere Nachverfolgbarkeit von Entscheidungen. 
  • Kultureller Wandel: Die bewusste Einführung hybrider Meetings kann als Katalysator für einen neuen Führungsstil und eine agilere Unternehmenskultur dienen – mit Fokus auf Vertrauen, Selbstorganisation und digitale Souveränität. 

Damit diese Potenziale realisiert werden können, braucht es jedoch eine gezielte Steuerung – insbesondere durch Führungskräfte. 

Darstellung 1: Foto von visuals auf Unsplah

Führung in hybriden Meetings: Herausforderungen erkennen … 

Die Rolle von Führungskräften in hybriden Meetings ist komplexer denn je. Sie müssen sowohl die physischen als auch die digitalen Räume gleichzeitig im Blick behalten –technisch und zwischenmenschlich. 

Zu den häufigsten Herausforderungen zählen: 

  • „Zweiklassengesellschaft“ vermeiden: Remote-Teilnehmende fühlen sich oft benachteiligt oder übersehen. 
  • Technische Barrieren: Unterschiedliche Tools, instabile Verbindungen oder fehlende Gerätekompetenz führen zu Frustration. 
  • Aufmerksamkeitssteuerung: Die gleichzeitige Steuerung von Kamera, Chat, Whiteboard und Diskussion verlangt kognitive Multitasking-Fähigkeit. 
  • Fehlende Präsenz: Führungspersonen müssen Wege finden, auch digital Verbindlichkeit, Nähe und Beteiligung zu erzeugen. 
  • Kulturelle Integration: Neue Meetingformate sind oft mit einem Wandel von Macht, Kontrolle und Autonomie verbunden – nicht alle Organisationen sind darauf vorbereitet. 

… und erfolgreich meistern: 7 Praxistipps für hybride Führung 

Um hybride Meetings erfolgreich zu führen, braucht es gezielte Kompetenzen, strukturierte Moderation und eine bewusste Meetingkultur. Die folgenden sieben Praxistipps sollen helfen, den Überblick zu behalten: 

  1. Equal Experience First: Stelle sicher, dass remote und vor Ort Teilnehmende gleichberechtigt wahrgenommen werden (z.B. durch persönliche Ansprache). 
  1. Technik testen & sichern: Vor jedem Meeting Tools checken – Mikro, Kamera, Verbindung. Nichts wirkt unprofessioneller als dauerhafte Störungen. 
  1. Hybrid-kompatible Räume gestalten: Gute Akustik, große Screens, 360°-Kameras – der Raum muss hybride Kommunikation unterstützen. 
  1. Moderation bewusst steuern: Wer moderiert, hat nicht nur die Agenda im Blick, sondern auch die Balance zwischen den Kanälen. 
  1. Rituale und Regeln etablieren: Etablierte Abläufe (Check-in, Timeboxing, klare Rollen) geben Struktur und Sicherheit. 
  1. Meeting-Hygiene einführen: Nicht jedes Thema braucht ein Meeting. Stelle stets den Mehrwert infrage und halte Zeiten verbindlich ein. 
  1. Feedbackkultur fördern: Reflektiere regelmäßig gemeinsam, wie hybride Meetings erlebt werden und wo Verbesserungen möglich sind. 

#FORTSCHRITT-Fazit: Hybride Meetings als Transformationsmoment erkennen 

Hybride Meetings sind mehr als ein neuer Kanal – sie sind ein wichtiger Ausdruck einer hybriden Arbeitswelt. Sie verändern, wie wir arbeiten, wie wir führen und wie wir miteinander in Beziehung treten. Diese neue Realität muss nicht nur technisch, sondern auch kulturell gestaltet werden und sollte somit als Transformation und nicht nur als Prozess-Update verstanden werden. 
In einer Welt, in der Zeit das knappste Gut ist, verdient jedes Meeting unsere volle Aufmerksamkeit. Nicht nur inhaltlich – sondern auch strukturell, menschlich und kulturell. 


Wenn Sie diesen Beitrag zitieren möchten, nutzen Sie gerne folgende Quellenangabe:

Gräsing, L.,(2025, 01.Juli). Zwischen Bildschirm und Besprechungsraum: Hybride Meetings erfolgreich führen. FORTSCHRITT GmbHZwischen Bildschirmen und Besprechungsraum: Hybride Meetings erfolgreich führen

 

 

  • 18 * 6 =

  • Allen, J. A., & Rogelberg, S. G. (2013). Manager-led meetings: A practical guide to improved performance. Springer. 

    Atlassian. (2022). State of Teams Report. Abgerufen von https://www.atlassian.com 

    Judge, T. A., Thoresen, C. J., Bono, J. E., & Patton, G. K. (2001). The job satisfaction–job performance relationship: A qualitative and quantitative review. Psychological Bulletin, 127(3), 376–407. https://doi.org/10.1037/0033-2909.127.3.376 

    Reed, B., & Allen, J. A. (2022). Leading hybrid meetings: Challenges and best practices. Business and Professional Communication Quarterly, 85(1), 7–28. https://doi.org/10.1177/23294906211038383 

    Rogelberg, S. G., Scott, C. W., & Kello, J. E. (2006). The science and fiction of meetings. MIT Sloan Management Review, 47(2), 18–21. 

    Saatci, B., Kashyap, V., & D'Adderio, L. (2020). Designing for hybridity: Synchronising collaboration in digital and physical workspaces. Proceedings of the ACM on Human-Computer Interaction, 4(CSCW2), Article 160. https://doi.org/10.1145/3415216 

    Harvard Business Review. (2017). Stop the Meeting Madness. https://hbr.org/2017/07/stop-the-meeting-madness 

Lina Gräsing
Consultant/Psychologin

Als Junior Consultant mit psychologischem Hintergrund begleitet sie Organisationen in Veränderungsprozessen. Ihr Schwerpunkt liegt dabei auf den Themen Change Management und Organisationsentwicklung sowie der gezielten Weiterentwicklung von Mitarbeitenden und Führungskräften. Sie ist ausgebildete Karrierecoachin und wird im Rahmen ihrer Tätigkeit unter anderem im Workshop-Design sowie in der Moderation eingesetzt. Zudem beschäftigt Sie sich fachlich mit der effektiven Gestaltung von Meetings als organisationales Element. Sie verbindet psychologisches Know-how mit einem systemischen Blick auf Zusammenhänge innerhalb von Teams und Organisationen – stets mit dem Ziel, Veränderungen partizipativ und wirksam zu gestalten.

Lina Gräsing