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Autor: Simon Postert (Consultant #FORTSCHRITT)
- 21.11.2023 -

Der Einfluss aktivistischer Shareholder auf Strukturen, Organisationen und Zahlen in ihren Zielunternehmen ist enorm. Den oft als Heuschrecken bezeichneten Investoren wird ein negativer Einfluss zugesprochen. Doch ist ihr Einfluss tatsächlich so schlecht, wie ihr Ruf es vermuten lässt?

Wir gehen den Fragen nach, welche Unternehmen von ihnen ins Visier genommen werden und welche langfristigen Auswirkungen sie auf ihre Ziele haben. Wie so oft ist die Wirklichkeit komplexer als es zunächst erscheinen mag…

Formen des Shareholder-Aktivismus

Das Feld der Aktionäre ist in Gänze zu heterogen, als dass wir im Folgenden ausführlich alle Blickwinkel dieses Themengebiets beleuchten können. Neben verschiedenen Aktionärsgruppen mit unterschiedlichen Anteilsbesitzen, Fachwissen und Ressourcen mit denen sie differenziert starke Einflussmöglichkeiten auf die Zielunternehmen aufweisen, sind darüber hinaus ihre jeweiligen Zielsetzungen divers. Unseren Fokus legen wir nun auf den Aktivismus von Hedgefonds.

Für die jeweilige Zielerreichung der Aktionäre können unterschiedliche aktivistische Maßnahmen zum Einsatz kommen. Hierzu zählen:

  • das Abstimmungsverhalten auf einer Hauptversammlung
  • das Einreichen von Aktionärsanträgen
  • private Verhandlungen mit der Unternehmensleitung
  • der Aufbau öffentlichen Drucks durch Stellvertreterkämpfe (Proxy-Fights) und Gerichtsverfahren
  • das Androhen eines Exits

Hedgefonds-Aktivismus

Unter dieser Form verstehen wir Aktivismus, mit dem ein Hedgefonds beabsichtigt, den Wert des Zielunternehmens zu erhöhen. Dadurch soll eine positive Reaktion am Aktienmarkt hervorgerufen und somit die eigenen Anteile gewinnbringend verkauft werden. Geprägt ist dieser Aktivismus von einer hohen Risikobereitschaft, die sich in geringeren regulatorischen Hürden, höheren Beteiligungen und selteneren Interessenkonflikten aufgrund fehlender politischer Agenden begründet.

Agieren Hedgefonds Aktivismus

Abb. 1: Eigenschaften des Agierens von Hedgefonds

All diese Faktoren sorgen für ein vorherrschendes Bild der Hedgefonds als Heuschreckenplage, die ihr Zielunternehmen befällt und ausgebeutet zurücklässt. Der kurzfristige Gewinn steht im Vordergrund, die nachhaltige Gesundheit des Zielunternehmens spielt eine untergeordnete bis gar keine Rolle. Doch entspricht dies der Wirklichkeit? Wie ergeht es Unternehmen, die ins Visier von Hedgefonds geraten?

Ziele der Hedgefonds

Hierbei wählen Hedgefonds vergleichsweise kleinere Ziele aus; so sind nur wenige Zielunternehmen im S&P 500-Index gelistet. Dank der geringen Größe erreichen die Aktivisten mit einer kleineren Menge finanzieller Mittel eine nennenswerte Beteiligung. Dieser Umstand ermöglicht eine stärkere Einflussnahme auf das Unternehmen und seine Strukturen. Hedgefonds konzentrieren ihre Bemühungen auf Unternehmen, die ein hohes Potenzial für eine Wertsteigerung in Form einer soliden Basis besitzen. Entscheidende Kriterien sind hierfür eine bessere Betriebsleistung und eine höhere Kapitalrendite als bei Vergleichsunternehmen. Die Zielunternehmen bleiben aber hinter den prognostizierten Erwartungen zurück. Ein vergleichsweise geringes jährliches Umsatzwachstum und schlechterer Umsatzerlöse spiegeln diesen Umstand wider. Ebenso sind die Dividendenrenditen, die Kapitalaufwendungen und die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (F&E) geringer. Dabei verfügen sie über mehr Barmittel in ihren Bilanzen.

Beschaffenheit der Hedgefonds Ziele

Abb. 2: Beschaffenheit der Hedgefonds-Ziele

Entscheidend sind darüber hinaus ihre höheren Cashflow-Werte im Vergleich zu anderen Unternehmen. Sie stellen einen zentralen Punkt für die Zielauswahl der Hedgefonds dar. Die Unternehmen sind aufgrund der Agency-Kosten des freien Cashflows in ihrer Potenzialausschöpfung eingeschränkt. Diesen Kosten nehmen sich die Hedgefonds neben grundsätzlich ineffizienten Governance-Strukturen mit ihrem Aktivismus an (Boyson & Mooradian, 2011: 31).

Bedeutsam ist der Umstand, dass die Aktienkurse der Unternehmen besagtes Verbesserungspotenzial während der Zielauswahl noch nicht widerspiegeln. So bleibt die Aktienperformance der Zielunternehmen hinter dem Markt zurück. Die ex-ante Beteiligung stellt dadurch ein wertsteigerndes Ereignis für aktivistische Hedgefonds dar. Durch den Einfluss ihrer Intervention soll das Unternehmen an Wert gewinnen. Die Aktivisten möchten dabei von der Leistungsverbesserung am Aktienmarkt profitieren.

Reaktion der Unternehmensleitung

Wird ein Unternehmen zum Ziel einer Hedgefonds-Kampagne, hat dies eine Signalwirkung zur Folge. Das Management ist nicht im Stande oder gewillt, besagtes Verbesserungspotenzial ihrer Unternehmen auszuschöpfen. So gesehen, stellt der Aktivismus eine indirekte Kritik gegenüber der Führungsetage und besonders dem CEO dar. Der Aktivismus ist daher seltener kooperativer Natur, sondern durch ein aggressives Vorgehen charakterisiert. Das Management wehrt sich gegen aktivistische Bestrebungen, da es sich in seiner Machtposition gefährdet sieht und Reputationsbedenken bestehen. Leiten Aktivisten auf den Widerstand keine aggressiven Gegenmaßnahmen ein, hat dies negative Auswirkungen zur Folge. Die Führungsetage intensiviert die Festigung der eigenen Machtposition. Dadurch erhöhen sich die Agency-Probleme und finanzielle Mittel, die für die Leistungserbringung aufgewendet werden könnten, sind nun in Gegenmaßnahmen gebunden. Um die Widerstandsbemühungen aufzubrechen, nutzen Hedgefonds neben der privaten Unterredung und der Antragseinreichung häufiger Proxy-Fights. Neben der effizienten Auswahl der Zielunternehmen stellen letztere ein relevantes Kriterium für den Erfolg ihrer Kampagnen dar.

Auswirkungen von Hedgefonds – Heuschrecke oder Glücksbringer?

Hedgefonds-Kampagnen rufen relevante Reaktionen am Aktienmarkt hervor. Die Anleger sprechen den Hedgefonds-Interventionen kurz- als auch langfristig einen deutlichen positiven Effekt zu (Bebchuk, Brav, & Jiang, 2015: 1125). Dieser spiegelt sich auch in den operativen Kennzahlen wider. Nachdem diese zunächst sinken (Klein & Zur, 2009: 221), steigen sie nach kurzer Zeit langfristig an (Bebchuk, Brav, & Jiang, 2015: 1105). Die Aktivisten sind erfolgreich darin, Ineffizienzen ihrer Zielunternehmen anzugehen. Besonders im Hinblick auf das Kapital ist eine Umschichtung durch die Hedgefonds zu beobachten. Auf der einen Seite werden leistungsschwache Geschäftsbereiche abgestoßen und Mitarbeiter entlassen. Auf der anderen Seite steigt die Gesamtfaktorproduktivität durch die Fokussierung auf die Kerntätigkeit der Unternehmen und der Investition in die IT-Strukturen (Brav, Jiang, & Kim, 2015: 2743-2755). Besagte Fokussierung ist zudem in Kombination mit der Investition in Humankapital für ein erhöhtes Innovationsniveau der Zielunternehmen verantwortlich. Dieses resultiert aus einer erhöhten Anzahl an Patenten und ihrer Qualität (Brav et al., 2018: 244-254). Der neoklassischen Wachstumstheorie nach Solow (1956) folgend, sind neue Technologien die einzige Quelle langfristigen Wachstums. Patente können als Ursprung technologischen Fortschritts betrachtet werden. So führt Hedgefonds-Aktivismus aufgrund der Innovationssteigerung zu mehr Produktivität und infolgedessen zu einer langfristigen Verbesserung der unternehmerischen Performance. Dieser Sachverhalt zeigt als zentraler Punkt die langfristig positiven Auswirkungen der aktivistischen Hedgefonds gegenüber ihren Zielunternehmen auf.

Effekte des Hedgefonds Aktivismus

Abb. 3: Effekte des Hedgefonds-Aktivismus

Der nachhaltige Einfluss der Aktivisten

Die mit besagten Handlungen einhergehenden Kosten erklären die anfänglichen negativen Performance-Werte. Nach der Beseitigung der Ineffizienzen und der Wirkung der korrektiven Maßnahmen steigt die Leistung der Zielunternehmen kontinuierlich an. Dieser Umstand spricht für den Erfolg der Hedgefonds-Kampagnen und ist, entgegen der häufig geäußerten Kritik, ein Beleg für den positiven und vor allen Dingen nachhaltigen Einfluss auf die Unternehmen. In diesem Kontext sind die Erkenntnisse von Bebchuk, Brav, & Jiang (2015: 1132) hervorzuheben, die feststellen, dass die positive Wirksamkeit auch dann fortbesteht, wenn die aktivistischen Hedgefonds die Zielunternehmen wieder verlassen. Außerdem beschränken sich die positiven Auswirkungen nicht nur auf die Zielunternehmen der Hedgefonds. Veräußerte Geschäftsbereiche sowie verkaufte Patente erfahren durch ihre neuen Eigentümer eine Effizienzsteigerung. Somit befördert der Hedgefonds-Aktivismus im Allgemeinen eine optimale Kapitalumschichtung des Marktes und erbringt dadurch einen gesamtwirtschaftlichen Mehrwert.

#FORTSCHRITT-Fazit

Unternehmen unterliegen dem stetigen Einfluss unterschiedlicher Stakeholdergruppen. Eingebettet in ein Umfeld, indem zahlreiche Interessensgruppen das jeweilige Unternehmen als Werkzeug für die eigene Interessenserzielung betrachten, ist es notwendig, sich jenem Einfluss bewusst zu werden und diesen für den langfristigen Erfolg der eigenen Unternehmen zu nutzen. Die Auswirkungen, die Hedgefonds auf Unternehmen haben, sind positiver und nachhaltiger, als es ihr Ruf vermuten lässt.

Abschließend zeigt sich, dass Veränderungen für den langfristigen Erfolg notwendig sind. Veränderungen können zuweilen weh tun und der Start in den Change-Prozess kostet Überwindung, doch ist er für die nachhaltige Gesundheit der eigenen Organisation entscheidend. Skizzierter Prozess muss aber nicht zwingend von einer externen Größe losgetreten werden. Von Zeit zu Zeit ist das Reflektieren der eigenen Fähigkeiten und des eigenen Handelns notwendig, um sich seiner Stärken und Schwächen bewusst zu werden und darauf aufbauend den Fokus korrektiv anzupassen. Als Think-Tank Beratung mit jahrelanger Erfahrung in der Organisationsentwicklung und der Strategieberatung begleiten wir Sie sehr gerne durch ihren Change-Prozess, damit Sie für die Zukunft gewappnet sind.

Krisen und Herausforderungen können ebenfalls ein Auslöser sein, um Prozesse. Strukturen und Wertangebote anzupassen. Lesen Sie hierzu mehr in unserer neusten #FORTSCHRITT-Studie „Wirtschaft im Krisenmodus!? Herausforderungen managen“.

 

Wenn Sie diesen Beitrag zitieren möchten, nutzen Sie gerne folgende Quellenangabe:

Postert, S. (2023, 21. November). Hedgefonds Aktivismus – Heuschreckenplage oder Glücksbringer? FORTSCHRITT GmbH. https://fortschritt.co/blog-de/315-hedgefonds-aktivismus-heuschreckenplage-oder-gluecksbringer

  • Literaturverzeichnis

    Bebchuk, L. A., Brav, A., & Jiang, W. (2015). The long-term effects of hedge fund activism. Columbia Law Review, 115(5): 1085–1156.

    Boyson, N. M., & Mooradian, R. M. (2011). Corporate governance and hedge fund activism. Review of Derivatives Research, 14(2): 169–204.

    Brav, A., Jiang, W., & Kim, H. (2015). The Real Effects of Hedge Fund Activism: Productivity, Asset Allocation, and Labor Outcomes. Review of Financial Studies, 28(10): 2723–2769.

    Brav, A., Jiang, W., Ma, S., & Tian, X. (2018). How does hedge fund activism reshape corporate innovation? Journal of Financial Economics, 130(2): 237–264.

    Klein, A., & Zur, E. (2009). Entrepreneurial Shareholder Activism: Hedge Funds and Other Private Investors. The Journal of Finance, 64(1): 187–229.

    Solow, R. M. (1956). A Contribution to the Theory of Economic Growth. The Quarterly Journal of Economics, 70(1): 65–94.

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Autor

Simon Postert

 Junior Consultant #FORTSCHRITT

Simon Postert ist Junior Consultant bei #FORTSCHRITT. Er studierte in Gießen Betriebswirtschaftslehre mit dem Fokus auf strategischem Management.

Nach Stationen in der Forschung und im Software-Vertrieb ist er nun für #FORTSCHRITT als Berater im Projektmanagement tätig. Seine Erfahrungen in Bereichen des End-Consumer Geschäfts und der Prozessoptimierung bzw. Automatisierung prägen seine Tätigkeit bei #FORTSCHRITT.

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